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18.10.2011 35. Woche
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Der englische Amtsschimmel wiehert

Kein Ausweis – und was jetzt? Wochendausflug nach Fawsley Hall. Urlaub – nein danke!
Uff, mal wieder ein Tagebucheintrag mit etwas Verspätung, aber ich hatte so viele Deadlines diese Woche (die letzte heute um 14 Uhr), dass ich einfach zu nichts kam. Zu nichts zu kommen, schien auch irgendwie das Motto der letzten Woche gewesen zu sein. Hier liegen nämlich noch meine Unterlagen für den Steuerberater, die ich schon vor einer Woche hätte abschicken sollen und ein Artikel für die Jüdische Allgemeine, den ich jetzt erstmal auf nächste Woche verschoben habe. Von 60 Seiten Motorradheft, die noch bearbeitet werden wollen, einmal abgesehen. Zum Glück sind nächste Woche Ferien und Sue wird zu Hause sein, so dass ich diesen ganzen Kram wegarbeiten kann.

Eben habe ich gerade mit dem Passamt in England telefoniert, was nicht besonders erfreulich war. Nicht nur sind diese Heinis nicht gerade freundlich, sie teilten mir auch außerdem mit, dass es mit Finns neuem Ausweis Probleme gibt. Sprich, das Ding wird am Freitag nicht hier sein, und wir wollen just an dem Tag nach Freitag nach Fürth fliegen, weil dort am Sonntag mein Patenkind getauft wird. Schöner Mist. Keine Ahnung, was wir jetzt machen sollen. Wenn alle Stricke reißen, muss ich mit Josh alleine fliegen, obwohl nicht weiß, ob er das machen will. Aber mich ganz alleine auf die Socken zu machen, das will ich nicht. Wie peinlich, wenn dort von unserer Familie nur Einer auftaucht. Finn wird am Boden zerstört sein, aber ich glaube nicht, dass sich die Sache noch ändern lässt.

Vor vielen Jahren, als Finn noch ein Baby war, hatten wir einmal eine ähnliche Panne. Im Nachgeburtsrausch flogen wir damals nach Frankfurt, um meinen Eltern stolz das erste Enkelkind zu präsentieren. Natürlich hatte niemand daran gedacht, dem Kleinen einen Ausweis ausstellen zu lassen. An der Passkontrolle in Deutschland fiel uns dann mit Schrecken ein, dass Finn keinen Pass hatte. Zum Glück erwiesen sich die deutschen Behörden als durchaus flexibel und nachdem wir alle Stein und Bein geschworen hatten (inklusive meiner Eltern), dass Finn unser Kind sei, stellte man uns für zehn Euro eine Bescheinigung aus und ließ uns ziehen. Trotzdem war das eine Belastungsprobe fur die Nerven, denn wir hatten schon befürchtet, wir müssten wieder nach Hause fliegen. Tja, mal sehen was jetzt am Freitag wird. Ich halte euch natürlich auf dem Laufenden.

Momentan haben wir nur sehr selten Kinder zu Besuch, weil ich einfach zu viel zu tun habe und öfter arbeiten muss, auch wenn Finn und Josh zuhause sind. Wenn wir dann noch einen dritten Rangen zu Gast haben, ist das überhaupt nicht machbar. Letzte Woche war Sam einige Stunden hier, aber es war doch ziemlich anstrengend. Das ist schade, denn die Jungs haben gerne Freunde zu Besuch, aber momentan lässt es sich einfach nicht ändern. Was sich allerdings geändert hat, ist Finns Bettnässen. Ich hatte ja schon geschrieben, dass es besser geworden ist, aber seitdem hat der Junge noch einen Zahn zugelegt. Momentan schafft er es etwa jede zweite Nacht trocken zu bleiben und wenn das so weiter geht, dann können wir dieses Problem bald zu den Akten legen.

Auch mit den Hausaufgaben klappt es derzeit erstaunlich gut. Wobei ich dazu sagen muss, dass seine Aufgaben im Moment auch nicht so schwer sind. Joshs Lehrerin scheint dagegen irgendeinen Schulrekord aufstellen zu wollen, denn der Junge ist erst in der dritten Klasse, aber bei den Hausaufgaben komme ich sogar manchmal ins Schwitzen. An sich ist es ja gut, wenn die Kleinen gefordert werden, aber man kann es auch übertreiben. Josh ist ein ziemlich aufgeweckter Knabe und wenn er schon über die Aufgaben jammert, dann will das etwas heißen. Ich habe allerdings von Sams Vater Olli gehört, dass sein Sohn sich mit den Aufgaben auch schwer tut.

Am Wochenende feierten wir übrigens den 70. Geburtstag meiner Schwiegermutter in einem ziemlich noblen Hotel names Fawsley Hall in Knightley. Ein altes englisches Landhaus (16. Jahrhundert) vom Feinsten mit allem, was das Herz begehrt, umgeben von grünen Hügeln. Das muss ein Vermögen gekostet haben, aber man wird ja schließlich auch nur einmal 70. Finn und Josh waren total aus dem Häuschen, denn Hotels lieben sie über alles. Ich versuchte sie mit Geistergeschichten zu erschrecken, aber es wollte mir nicht recht gelingen. Obwohl Josh einige Male ängstlich zur Tür schielte, als wir sie ins Bett brachten.

An Schlafen gehen war natürlich vor Mitternacht nicht zu denken. Selbst als ich gegen 23 Uhr nach einem üppigen Mahl in dem schönen efeubewachsenen Hof saß, um eine Zigarette zu rauchen und einen Whiskey zu trinken, wichen die Jungs nicht von meiner Seite. Nach einer herrlichen Nacht, versammelten wir uns um 8.30 Uhr am Frühstücksbuffet und räumten dort ordentlich ab. Es war aber auch wirklich zu lecker.

Anschließend unternahmen wir einen langen Spaziergang durch die malerische Landschaft, wobei ich mich nach einer Stunde abseilte und es mir in der Hotelbar bequem machte. Ich musste nämlich arbeiten, was dort bei einer Tasse Kaffee auch sehr gut ging. Nur die Hintergrundmusik war grauenhaft. Warum läuft in Hotels immer so ein Gedudel?

Am Freitag ist wie gesagt, die Taufe in Fürth angesagt. Bis dahin will ich noch etliches wegarbeiten. Ich muss gestehen, je älter ich werde, desto weniger gerne verreise ich. Der Stress vorher und nachher vergällt mir die Sache meistens, ganz zu schweigen von dem Stress unterwegs, wenn man dann E-Mails kriegt, weil es irgendwo brennt, aber nicht zuhause an seinem Schreibtisch sitzt, um das Problem schnell aus der Welt räumen zu können. Aber vielleicht sollte ich mich einfach entspannen, denn wir fahren nicht oft genug in den Urlaub. Finn und Josh lieben es nämlich wegzufahren und wenn ich sehe wie aufgeregt sie sind, dann erinnert mich das daran wie aufgeregt mein Bruder und ich früher waren, wenn es in die Ferne ging.

So, jetzt setze ich mich noch ein bisschen in den Garten und rauche. Hier scheint nämlich die Herbstsonne kräftig, obwohl es doch schon kühl wird.

Also dann bis nächste Woche. Hasta la Vista, Baby!

Frank

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Tagebuch Frank H. Diebel

Frank H. Diebel
Alter: 44 Jahre
Wohnort: London
Beruf: Journalist
Familienstand: verheiratet
Geburtstag Kind: Finn: 23.10.00; Josh: 2.9.02
Letzter Eintrag: 19.12.2011

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