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19.08.2010 6. Woche
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Herausforderungen unseres Alltags

Ich gewöhne mich an das Klima. Meine Frau und ich lernen Hindi. Wir lernen angenehme und unangenehme Seiten des Lebens in einer indischen Stadt kennen.

Ich fühle mich immer wohler in Indien. Mein Körper gewöhnt sich an die Luft und das Klima in mehr als 2000 Meter über dem Meer. Schon kann ich Noa die Berge hinauf und hinunter tragen, ohne außer Puste zu kommen. Ich schlendere gerne durch die Marktstraße, frage nach den Gemüsepreisen und danach wo welche Pflanzen wachsen.

Johanna und ich nehmen jetzt jeden Tag eine Stunde Unterricht in einer Sprachschule: Ich vormittags, sie nachmittags. Abends sitzen wir gemeinsam am Tisch und wiederholen Hindi-Grammatik und neue Vokabeln.
Auch Noa wird langsam mutiger in der neuen Umgebung. Sie lernt täglich neue Wörter und futtert große Mengen Reis, Papaya und Guaven. Sie spricht bereits ein englisches Wort (see you) und sogar ein Wort in Hindi (murgi = Hühner).

Drei Herausforderungen begleiten mich durch unseren neuen Alltag:

Erstens: Wohin mit dem Abfall? Soll ich ihn wie alle anderen an den Straßenrand oder irgendwo in die Natur werfen? Das widerstrebt mir. Selbst in diesem wohlhabenden und vergleichsweise aufgeräumten Teil Indiens fällt mir der allgegenwärtige Abfall unangenehm auf. Nur die heiligen und die privaten Orte sind so sauber, dass ich Noa dort gerne spielen lasse, ohne ständig aufzupassen, was sie in die Hand nimmt und wo sie hin tritt.

Seit zwei Wochen vertrauen wir unseren Müll einem zurückhaltenden Mann an, der jeden zweiten Tag an unserer Haustür klingelt. Er wirft unsere Abfalltüte in einen großen geflochtenen Korb, den er auf seinem Rücken trägt. Dann verschwindet er, um den Müll etwa 80 Meter von unserem Haus entfernt über das Geländer der Straße den Abhang hinunter zu kippen.

Es landet also trotzdem alles ungeordnet in der Natur. Unten am steilen Hang lebt eine Familie in einem Müllhaus. Die Menschen, die dort leben, sammeln zumindest das Papier, die Plastik- und Glasflaschen ein, um diese irgendwo hin zu bringen. Immerhin: Obstschalen und Gekochtes bringen wir mittlerweile zu den Hühnern unserer Nachbarn. Für die andere Hälfte unseres Biomülls halten wir nach einer Ziege Ausschau.

Die zweite Herausforderung des Alltags sind die überall herumliegenden Kothaufen. Die stammen zum Teil von Menschen, hauptsächlich jedoch von Affen und Straßenhunden. Die wohlriechenden Haufen der Maulesel stören mich persönlich nicht. Der starke Regen weicht die stinkenden Überreste mit der Zeit auf und spült sie weg. Aber das braucht Zeit. Und ständig kommen neue Haufen hinzu. Um die Hunde in Schutz zu nehmen, muss ich hinzufügen, dass ihre Haufen weit weniger riechen als die ihrer deutschen Verwandten. Das liegt daran, dass sie sich hier rein vegetarisch von Sägespänen und Essensresten ernähren.

Unabhängig von deren Ursprung ist es meine Aufgabe alle Kothaufen die unmittelbar vor unserer Haustür abgelegt werden zu entsorgen. Auf diese Weise sind wir zumindest bei den ersten Schritten vor folgenreichen Fehltritten sicher.

Eine dritte Herausforderung stellt sich immer dann, wenn Noa plötzlich auf die Toilette muss. Hier und dort gibt es tatsächlich öffentliche Pissoirs. Aus Gründen, die ich nicht näher beschreiben werde, mache ich um diese Anlagen einen weiten Bogen. Die meisten Privathäuser haben keine Toilette.

Wo kann ich mit Noa hingehen, wenn sie dringend muss? Wie machen das die Einheimischen in den bevölkerten Straßen Mussoories? Nun die setzen ihre Kinder irgendwo an den Straßenrand. Genauso mache ich das meistens auch mit Noa. „If in Rome, do like the Romans!“ Leider trage ich damit selbst dazu bei, dass alle Ecken und Winkel im öffentlichen Raum übel riechen und jeder Schritt wohlüberlegt gesetzt werden muss.

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