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Männliche Erzieher in den Medien


Männliche Erzieher in den MedienBild: Kzenon - Fotolia.com

Mit dem Programm "Mehr Männer in Kitas” fördert das Bundesfamilienministerium von 2011 bis 2013 ausgewählte Modellprojekte. Die Medien nehmen das zum Anlass, männliche Erzieher zu porträtieren. Thomas Gesterkamp hat sich die Berichte genauer angeschaut.

Echte Kerle für die Kids


Es ist "ein bisschen eng in der Puppenecke, wenn man 27 Jahre alt ist und ein groß gewachsener Mann”, weiß die Süddeutsche Zeitung. Björn Rollke "muss aufpassen, sich den Kopf nicht am Klettergerüst zu stoßen”. Der "Hüne” ist der einzige Erzieher unter elf Kolleginnen in einer Münchner Kindertagesstätte - "ein Exot”, der sich "durch den langen, braunen Kinnbart streicht”. Seine Vorgesetzte lobt, die Kinder seien "viel agiler und spontaner, wenn er in der Nähe ist”.

Männer wie aus dem Märchenbuch: Zwei Meter große Alleskönner, außen hart und innen ganz weich. Ganze Kerle eben. So wie Wolfgang Pomierski, der weiß, ”wie man Besenstiele in Pferde verwandelt. Er reißt Fahrkarten für Busse ab, die aus vier Holzstühlen bestehen.” Damit nicht genug: Der 50-jährige Erzieher ist auch ein "phantastischer Geschichten-Erzähler” - und "ein Buden-Bauer, einer, mit dem man wild toben und auf Bäume klettern kann”. Die Westdeutsche Allgemeine jubelt schon in der Überschrift "Wild sein mit Wolfi”. So nennen ihn "zärtlich seine Fans, die "zwischen zwei und sechs Jahre alt sind”.

Mutti findet's toll


Auch die Mütter sind angetan: Männer "lassen den Kindern mehr Freiräume, trauen ihnen mehr zu und sind auch oft entspannter”. Bei riskanten Spielen bleibt Wölfe ganz ruhig. "Die Kinder klettern an Seilen. Irgendwann sind die oben und man denkt, oh je, hoffentlich geht das gut. Wolfgang sagt: ‘Das geht schon’.” Dank energischer männlicher Initiative geht man in der Essener Kita "auch bei Regen raus” - oder zumindest auf "Fantasiereisen, bei denen die Kinder im Cockpit sitzen”. Fazit der Autorin: "Die brave Mal- und Bastelstube war gestern.”

"Zwei Zahnräder auf einem hölzernen Steckbrett. Johanna dreht am Schwungrad, ein hölzerner Zapfen springt von Zahn zu Zahn”. Den "Erfolg für die kleine Ingenieurin” darf Kevin Kühne für sich verbuchen. Die männliche Fachkraft einer Tagesstätte in Brandenburg hat einen technischen Baukasten besorgt - und ist zur Stelle, "wenn das Bobby-Car ein Rad verloren hat”, berichtet der Länderreport von Deutschlandradio Kultur.

Männer zicken nicht


Wenn sich die Pausengespräche in einer weiblich geprägten Umgebung "um Brust-OPs drehen”, bleibt Michael Oehme wunderbar gelassen. Mit seiner "netten ruhigen Art” löst der Erzieher Konflikte einfach anders: "Er zickt nicht so rum wie manche Frauen”, sagt eine Kollegin - das ist den Aachener Nachrichten prompt die Schlagzeile wert.

Pädagogische Superhelden, manche kommen gar von der Bundeswehr: Statt in der Kaserne oder auf Patrouille liegt ihr "Einsatz im Sandkasten”, titelt griffig die Financial Times Deutschland. Einsatz für Nick Erdmann in der Kita Preußstraße, Berlin-Prenzlauer Berg. Er "war mal Koch und Soldat, aber beides langweilte ihn”. Umschulung vom harten Militär zum sanften Fürsorger, dabei ist er weder zwei Meter groß noch "begeisterter Motorradfahrer”. Die Tageszeitung beschreibt ihn als "klein, kompakt” und kahlköpfig” - aber immerhin: "an den Oberarmen tätowiert”. So sind sie, die Männer in Kitas: Sie kennen sich mit Maschinen aus, sie toben und raufen, machen Schneeballschlachten und sind Fußfallfans. Fast immer sind es Frauen, die redlich gegen Abwertungen wie "Weichei” und "Weiberkram” anschreiben - und gerade deshalb in die Klischee-Falle tappen. Je besser die Absichten der Autorinnen, desto garantierter das Ergebnis. Der "starke Mann im Kindergarten”, wie ihn die Neue Osnabrücker Zeitung nennt: Fürsorglich und tröstend, risikobereit und handwerklich versiert - diese Vielfalt haben Frauen einfach nicht zu bieten.

Eierlegender Wollmilchpädagoge


Das gezeichnete Idealbild des weichen, aber zugleich risikobereiten und handwerklich versierten männlichen Alleskönners enthält eine Kränkung der weiblichen Pädagoginnen, die so viel Vielfalt in ihrer Persönlichkeit angeblich nicht zu bieten haben.

Selbstverständlich gibt es auch Medien, die ohne die geschilderten Klischees auskommen. Die zitierten Beispiele beschreiben zugespitzt ein gehäuft auftretendes Muster, das aber nicht auf alle Berichte zutrifft. Vor allem pädagogische Fachzeitschriften, Fachforen im Netz und die Webseiten der Projektträger setzen sich differenzierter mit Geschlechterrollen auseinander und versuchen Stereotype zu vermeiden.

"Mehr Männer in Kitas” ist ein wünschenswertes politisches Ziel. Die Berichterstattung zum Programm der Bundesregierung idealisiert den männlichen Erzieher, vor allem die Lokalpresse präsentiert ihn als wahren Superhelden. Das entwertet die Arbeit der weiblichen Fachkräfte, denen eine vergleichbare Vielseitigkeit abgesprochen wird.

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