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21.03.2011 8. Woche
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Schwarze Löcher

The Pink Panther; Hunde- und Taschengeld-Diskussion; Josh singt jetzt im Schulchor; Ruby, der Cocker Poodle; schreiende Kinder; werden wir bald alle von einem schwarzen Loch verschluckt?
Es ist Samstagmorgen, 11 Uhr. Der Staubsauger dröhnt im ersten Stock. Finn und Josh sind noch in ihren Schlafanzügen. Wie so oft am Wochenende. Machen Eure Kinder das auch? Finn und Josh versuchen samstags und sonntags das Anziehen so lange wie möglich hinauszuzögern. Manchmal gebe ich auf und verkünde einen „Pyjama Day“. Meine Frau hasst das, aber ich finde es witzig. Natürlich sollen sie sich eigentlich morgens anziehen, aber am WE drücken sie sich davor wie die Wilden. Warum? Vermutlich um das kuschelige und warme Bett in den Alltag hinüberzuretten, und den Tag mit seinen Pflichten noch ein bisschen wegzuschieben.

Heute morgen schauten Finn und Josh eine Stunde lang „The Pink Panther“ – Ihr erinnert Euch sicher an Peter Sellers Comedyklassiker aus den 60er Jahren. Peter Sellers ist urkomisch und meine Kinder wiehern schon vor Lachen, wenn sie Inspektor Clouseau sehen. Genau wie ich. Nur meine Frau findet es dämlich.

Nun ja, es ist ein bisschen dämlich, aber genau das macht ja den Reiz aus. Finn hat ein bisschen Schwierigkeiten mit Comedy. Humor ist als Konzept für Asperger-Menschen nicht einfach zu verstehen. Wenn Finn sich zum Beispiel in einer Gruppe befindet und jemand lacht denkt er meistens, die Person lacht über ihn, auch wenn das nicht der Fall ist. Das kann zu allen möglichen Verwicklungen führen. Es ist also wichtig, Finn immer sofort zu erklären, wenn er nicht die Zielscheibe des Humors ist. Davon abgesehen ist ihm auch nicht immer klar was Humor ist. Aber er versteht Slapstick und so sind wir mit Peter Sellers oder Stan Laurel und Oliver Hardy stets gut beraten. Im übrigen sind das auch Filme, die wir öfter im dienstags im Filmclub schauen.

Meine Frau beschloss heute morgen, keine Hausarbeit zu machen, weil sie momentan sehr viel zu tun hat und morgen wieder den ganzen Tag auf ihrer Ausstellung „Wache stehen“ muss (die Ausstellung in der Krypta, Ihr erinnert Euch?) Mir fällt es auch gerade schwer, den Putzlappen in die Hand zu nehmen. Das allerdings aus weitaus profaneren Gründen (keine Lust …). Also wird unser Haus nächste Woche ein bisschen ranzig aussehen. Am besten wir laden niemanden ein …

Inzwischen ist es 14 Uhr. Die Sonne scheint – was in London nicht oft vorkommt – und deswegen dürfte meine Frau inzwischen mit den Jungs im Park sein. Ich sitze im Café, denn ich will mein Vätertagebuch schreiben. Aber ich mache das ja gerne. Mal sehen was wir nachher machen. Vielleicht mit unserem ferngesteuerten Tamiya Off-Roader in den Park gehen? Oder vielleicht bleiben wir Zuhause und setzen uns in den Garten …

Josh singt jetzt übrigens im Schulchor. Ich muss gestehen, ich weiß nicht wie das passiert ist. Nicht dass er nicht singen könnte, aber ich wusste nicht, dass er gerne im Chor singen will. Vielleicht hat ihn sein Lehrer gefragt und er hat ja gesagt. Josh hat nämlich bei seinem Lehrer Sam einen Stein im Brett. Nicht weil er so gut wäre, sondern weil meine Frau mit Joshs Klasse vor einigen Wochen einen Kunstworkshop veranstaltet hat. Und jetzt denkt der Lehrer, wenn er nur nett zu Josh ist, wird meine Frau das wieder tun. Nächste Woche findet der erste Auftritt des Schulchors statt, aber ich muss gestehen ich will nicht unbedingt hingehen, denn bei mir stapelt sich die Arbeit auf dem Schreibtisch. Meine Frau hat schon zugesagt. Sie ist begeistert von Joshs musischen Aktivitäten. Allerdings weiß ich wirklich nicht, wie gut dieser Chor ist.

Am Freitagnachmittag war meine Frau übrigens zu Besuch bei ihrer Freundin Emma Hammersley, deren Söhne Milo und Sonny Schulkameraden meiner Kids sind. An sich war dieser Besuch nicht spektakulär, wenn sich die Hammersleys nicht vor einigen Wochen einen Hund zugelegt hätten. Ein ganz putziges Vieh namens Ruby. Die Rasse, Cocker Poodle, hatte ich vorher noch nie gesehen. Die Kleine ist ein beklopptes Vieh. Springt herum wie ein Ziegenbock und beißt gerne (nicht richtig, sie spielt natürlich nur). Ruby löste wieder eine Hundediskussion in unserem Haus aus.

Kennt Ihr die Hundediskussion? Die Hundediskussion tobt bei uns schon seit Jahren und wird in regelmäßigen Abständen wieder aufgewärmt. Meistens, wenn Freunde sich einen Vierbeiner anschaffen, oder wenn die Jungs einen besonders süßen Hund im Park sehen. Ich hätte schon gerne einen Hund, wenn die Biester nicht so viel Zeit in Anspruch nehmen würden. Füttern, Gassi gehen, Erziehung, Tierarzt. Aber ich bekomme oft ein schlechtes Gewissen wegen der Jungs. Ich würde meinen Kindern gerne das Vergnügen ermöglichen (da wir schon in einer Großstadt wohnen und nicht in der freien Natur). Meine Frau hat einen Hund bislang kategorisch abgelehnt. Sie hat schlechte Erfahrungen mit unseren Hasen Chip gemacht, denn gelegentlich bleibt die Hasenpflege an ihr hängen ...

Ehrlich gesagt bin ich völlig ratlos was das Thema Hund angeht. Ich würde es wegen der Jungs machen, außerdem ist erwiesen, dass Hunde sehr gut für Kinder mit Asperger sind. Neulich habe ich gerade erst einen Artikel zu dem Thema gelesen. Aber natürlich müsste ich dauernd mit dem Vieh Gassi gehen. Entscheidungen, Entscheidungen – und genau wie Finn mag ich Entscheidungen überhaupt nicht.

Weil wir gerade schon bei Diskussionen sind? Diese Woche gab es in unserem Hause auch eine Taschengelddiskussion. Der Anlass: Joshs Freund Sam erzählte meinen Kindern, dass er 10 Pfund Taschengeld die Woche bekommt. Meine Kids sacken nur 2,50 Pfund ein. Natürlich sind sie jetzt der Absicht, dass sie viel zu wenig bekämen. Ehrlich gesagt wüsste ich aber nicht, warum sie mehr bekommen sollten. Wie ich sie kenne würden sie es nur in Süßigkeiten oder Computerspielen anlegen (wie der Herr so’s Gescherr …), was meine Frau und ich natürlich nicht wollen. Taschengeld ist ja ein heißes Eisen – wie seht Ihr das? Eher mehr oder eher weniger?

Den Sonntag verbrachten wir mit Joshs Freund Sam und seinem Vater Olli. Wir trafen uns um 11 Uhr im Café (weil ich ja kein Frühaufsteher bin) und saßen dort eine ganz Weile und meckerten über unsere Ehefrauen – wie das so ist, wenn Väter sich treffen. Dann entschlosen wir uns, in den Park zu gehen. In Victoria Park gibt es drei monstermäßige Rutschen – die steilsten Rutschen, die ich je in meinem Leben gesehen habe. Alles war wunderbar, wenn da nicht diesen beiden etwa 4 Jahre alten Jungs gewesen wären, die dauernd meine Kinder anbrüllten. Meine Kinder brüllten zurück, aber Olli und ich intervenierten, weil wir die Sache nicht ausarten lassen wollten. Es gibt in London (insbesondere im Osten) einen breiten sozialen Mix. Manche Leute gehören in die Klasse der Menschen, die sich lieber anbrüllen als zivilisiert zu reden. Nach dem Umgangston dieser beiden Winzlinge zu urteilen, gehörten sie zu dieser Klasse, denn der Vater stand daneben und hatte an dem aggressiven Verhalten seines mißratenen Nachwuchses nichts auszusetzen.

Sonntagabend schauten meine Frau und die Jungs eine sehr schöne Sendung über das Universum. Josh fand es toll, nur Finn runzelte beim ins Bett gehen sorgenvoll die Stirn. „Wenn so ein schwarzes Loch alles aufsaugt“, sagte er zu meiner Frau „werden wir dann auch bald von einem schwarzen Loch aufgesagt.“ Sue hatte ihre liebe Mühe ihm zu erklären, dass wir nicht morgen von einem schwarzen Loch verschluckt werden. Wobei ich allerdings glaube, dass sie geflunkert hat. Meines Wissen könnte unsere Galaxie sehr wohl von einem schwarzen Loch geschluckt werden – oder? Wie dem auch sei. Ich wünsche allen Lesern eine schöne Woche, es sei denn wir werden alle von einem schwarzen Loch geschluckt. Dann gibt es nächste Woche natürlich auch keinen Tagebucheintrag von mir.

Bis denne,

Frank

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Kommentare von Lesern:

 
Gast:
22.03.2011 09:23
Na, gerade von einem Klingonen hätte ich doch mehr Wissen über schwarze Löcher erwartet...
Klingone, Northeim:
21.03.2011 15:07
Die Hundedebatte kenne ich aus eigener Anschauung, allerdings ging es da um Meerschweinchen, vergleichsweise wenig aufwändig zu pflegende Viecher. Ich hatte unseren Sohn dann beauftragt, bei seinen Freunden und den Nachbarn zu recherchieren, welche Tiere es da gibt, wer sie pflegt, wieviel davon die Kinder übernehmen, wer die Anschaffung vor allem wollte. Das Ergebnis: Nach 3 Wochen fühlte sich kein Kind mehr für irgendetwas beim Tier zuständig, auf Aufforderung warfen sie Futter in den Käfig, das wars. Dies sahen Eltern und Kinder übrigens ähnlich. Meinen Sohn fragte ich, wie er damit umgehen wolle, ob er besser sei als seine Kumpels. Nöö, meinte er. Dann gibts auch kein Tier, meinte ich. Mit dem Taschengeld haben wir noch keine Debatte, aber da würde ich es ähnlich halten. Wer kriegt wieviel? Lässt sich ja stichprobenartig bei den Eltern überprüfen. Und: Was muss davon bezahlt werden? Schulsachen wie Bleistifte und Radiergummis auch? Der Kinobesuch am Wochenende? Und schon wird klar, wie unterschiedlich das gehandhabt wird. Wenn jede Ausgabe über ein Euro von den Eltern bezahlt wird, ist die Höhe des Taschengeldes logischerweise geringer.
Und wie das mit den schwarzen Löchern ist habe ich trotz Stephen Hawking und Wikipedia immer noch nicht kapiert. Aber vielleicht beißen sie ja nicht, sondern wollen nur spielen...

Tagebuch Frank H. Diebel

Frank H. Diebel
Alter: 44 Jahre
Wohnort: London
Beruf: Journalist
Familienstand: verheiratet
Geburtstag Kind: Finn: 23.10.00; Josh: 2.9.02
Letzter Eintrag: 19.12.2011

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