väterzeit.de - Vater sein, Mann bleiben

20.06.2009 9. Woche
Schrift vergrößern     Schrift verkleinern

Wieder ein Wunder in meinem Leben

Es ist schon ein kleines Wunder. Ein neues Leben kam in diese Welt und dass obwohl ich selbst vor nicht allzu langer Zeit um mein eigenes kämpfen musste, nicht klar war, ob ich je Kinder haben würde.
Dank eines neuen Herzens und vor allem dessen Spender, konnte Mika Leon das Licht der Welt erblicken. Nicht nur, dass wir uns dank meiner Krankengeschichte von Anfang an Sorgen um seine Gesundheit machten, er machte es auch noch schwer. Alle Untersuchungen, von Herzecho bis Nackenfaltentransparenzmessung, waren bei ihm in Ordnung und er schien sich prächtig zu entwickeln. In der 32. Woche ereilte mich dann ein Anruf im Büro, mein Schwiegervater teilte mir mit, dass meine Frau auf der Pränatalstation liegt, weil die Herztöne von Mika nicht mehr stabil waren. Ich kann kaum beschreiben, welche Gedanken mir da kamen und wie groß die Sorge war.

Umso schöner die Erleichterung, als das Ereignis nicht mehr auftrat und nicht zu reproduzieren war. Unter zweitäglicher Überwachung konnten wir uns so bis zum Ende der Schwangerschaft einigermaßen beruhigt auf das kommende Ereignis vorbereiten. Zwei Tage vor Stichtag war es dann soweit. Doch auch hier machte Mika uns einen gehörigen Strich durch die Rechnung. Nach zwanzig Stunden Wehen wurde er durch einen Notkaiserschnitt zu Welt gebracht. Schock. Ich, mitten in der Nacht auf dem leeren Flur, keine Frau und auch kein Kind zu sehen. Etwa eine halbe Stunde später wurde ich in einen kleinen Raum gerufen und dort auf einem Glastisch, verkabelt und mit einer Atemhilfe vor dem kleinen Gesicht, von den Anstrengungen der Geburt leise stöhnend lag mein Sohn da.

Mit den Tränen kämpfend und schon bis über beide Ohren verliebt begrüßte ich unseren Sohn auf dieser Welt, streichelte ihn und redete ihm gut zu, bevor er auf die Intensivstation gebracht wurde. Erst eine weitere Stunde später wachte meine Frau auf, ich durfte zu ihr. Das Erste was sie sagte war: „Wo ist Mika“ und ich war ehrlich gesagt ein wenig überfordert, ihr die Situation zu erklären. Ich ging nochmal auf die Intensivstation und fotografierte Mika. Das Erste, was meine Frau von ihm sah, war eine Digitalfotografie.

Vier Tage später war das fast vergessen, denn wir waren zu Hause. Mika machte sich prächtig, nahm zu, wurde aktiv und begeisterte seine Umgebung. Durch den schweren Start ins Leben war Mika und seiner Mutter das Stillen schwergefallen, nach zwei Wochen stellten wir in Absprache mit der Hebamme auf Flasche um. Viel Gelegenheit also für mich, auch beim Füttern für Mika da zu sein. Besuch kam und ging und jeden Tag gab es etwas Neues zu Entdecken: vom Abfallen des Nabelschnurrestes, zum ersten Brabbeln und Ausprobieren der Mimik und Gestik. Die vier Wochen, die ich glücklicherweise Urlaub bekommen hatte, waren so viel zu schnell vorbei.

Durch flexible Arbeitszeit versuche ich trotzdem das Optimum für die Familie zu finden und möglichst viel Zeit mit dem Kleinen zu verbringen. Der ein oder Andere Vater-Kind-Kurs ist auch schon geplant. Etwa in der fünften Woche begann Mika unruhig zu werden, jammerte oft, schrie. Bauchweh war die folgenden Wochen Thema Nummer eins, dank der Tipps vom Kinderarzt und der Hebamme aber schnell in den Griff zu bekommen. Kirschkernkissen, Sab Simplex und verdünnte Nahrung, schon lief wieder alles rund.

So rund, dass wir Mika recht schnell und unkompliziert in sein Zimmer umquartieren konnten. Die Babybay war für die ersten Wochen sehr schön, aber Mami ist nicht umsonst Erzieherin von Beruf und pocht auf eigenständige Schlafgewohnheiten. Mika schien das, entgegen der allgemeinen Befürchtung, nicht sehr zu interessieren. Im Gegenteil, er genoss die Ruhe offensichtlich, denn seit vier Tagen schläft er nahezu durch.

Von etwa 20:30 Uhr bis ca. 04:00 Uhr gönnt er uns Nachtruhe, eine Steigerung von 50% gegenüber den Vorwochen. Das führt dazu, dass er tagsüber sehr aktiv ist und wir so viel von ihm haben. Spielen, kuscheln, reden, singen, vorlesen – das volle Programm. Er quittiert das mit einem zuckersüßen Lächeln und in manchen Fällen, wie z.B. dem großen Ernie-Luftballon vom Jahrmarkt, auch mit einem kräftigen Glucksen.

Ich kann gar nicht sagen, wie sehr ich mich auf alles vor uns liegende freue und wie viel Liebe dieses kleine Menschlein in unser Leben gebracht hat. Die Veränderung an einem selbst, aber auch die der Umgebung ist nicht zu beschreiben. Von einem Tag auf den Anderen ändern sich Prioritäten, Wahrnehmung und Lebensmittelpunkt und – so spießig man manches früher selbst an den Eltern fand – es stört einen nicht mal. Man ist nun endlich erwachsen.

Das dieser Prozess nicht reibungsfrei verläuft, sollte auch jedem klar sein. Wir haben in einen Kurs „Stressfrei ins Familienglück“ (klingt irgendwie „doof“) vor der Geburt unseres Sohnes reinschnuppern können, durften uns mit dem Rollenverständnis des jeweils anderen auseinandersetzen und bekamen Tipps an die Hand, um über das Elternwerden nicht das „Paarsein“ zu vergessen. Und trotzdem knatscht es ab und an.

Mit der Zeit spielen sich diese Dinge aber ein, man sollte sie nur offen angehen und versuchen die Perspektive des anderen einzunehmen. Sowohl dessen, der den ganzen Tag das schreiende Kind betreut hat, es nicht weglegen konnte und es eigentlich nur noch loswerden möchte, als auch dem von der Arbeit kommenden, der erst mal „runterfahren“ muss, eine kleine „Anpassungszeit“ braucht, bevor er sich um Kind, Haus und Hof kümmern kann. Das Rollenbild des anderen zu verstehen ist dabei meiner Meinung nach das Wichtigste.

Die nächsten Wochen und Monate werden sicherlich nicht einfach, aber sie sind auch keine Hürde. Ich werde Euch hier daran teilhaben lassen.

Bruno

Kommentar zu diesem Beitrag schreiben:

Name, Ort:
Mein Kommentar:

Kommentare von Lesern:

 
Volker, Göttingen:
20.06.2009 19:25
Hallo, Bruno,

willkommen mit Deinen Beiträgen auf väterzeit.de! Wir freuen uns auf die Berichte.

Tagebuch Bruno

Bruno
Alter: 36
Wohnort: Hamburg
Beruf: Fachkaufmann für Marketing
Familienstand: verheiratet
Geburtstag Kind: 14. April 09
Letzter Eintrag: 13.12.2009

Alle beendete Väter-Tagebücher lesen   Alle beendete Väter-Tagebücher
Tagebuch lesen  9. Woche
Wieder ein Wunder in meinem Leben