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Puck es an!


Richtig PuckenBild: pegbes - Fotolia.com

Nur eine Nacht richtig durchschlafen - das ist der Wunsch vieler frisch gebackener Elternpaare. Was hilft, wenn das Baby dauernd unruhig ist und sich und dich wach hält: Pucken! Die Erfahrungen mit dieser alten Technik sind fast durchweg positiv.

Alte Technik, neu entdeckt


Pucken - so nennt man das Einwickeln eines Neugeborenen in ein Tuch, so eng und dicht, bis es aussieht wie ein Burrito. Auf diese Weise soll sich das Kind geborgener fühlen, weniger schreien und vor allem länger (durch-)schlafen. Und nein, es ist kein neuer Trend aus den USA oder die windige Erfindung eines Textilfabrikanten. Diese Wickeltechnik ist vielmehr mehrere tausend Jahre alt.

Tatsächlich muss man meist nur eine Kirche besuchen, um sich davon zu überzeugen. Auf dem einen oder anderen Fenster oder Gemälde wird man einen eng verpackten Baby-Christus finden. In vielen Kulturen ist das Pucken bis heute üblich, in Europa und Amerika hingegen wurde die Technik erst in den vergangenen Jahren wiederentdeckt, nachdem es in der Periode der Aufklärung in Verruf gekommen war - immerhin forderten Philosophen wie John Locke Freiheit für alle. Auch für Säuglinge.

Zu gut um wahr zu sein


Ein länger anhaltender Schlaf, ein ruhigeres, zufriedeneres Baby - klingt fast zu gut, um wahr zu sein. Haben sich auch einige Wissenschaftler aus Brüssel gedacht und das Pucken genauer unter die Lupe genommen. Ergebnis: Die meisten Kinder schlafen länger und ruhiger. Warum sich gepuckte Babys so wohl fühlen, ist noch nicht vollständig geklärt. Wahrscheinlich fühlt sich das eng gewickelte Kind an die Geborgenheit des Mutterbauchs erinnert: es ist durchgehend warm, das Baby spürt sich selbst und die Bewegungsfreiheit ist begrenzt.

Gepuckt werden sollte nur im ersten Monat. Carina Lauermann, freiberufliche Hebamme im Geburtshaus Frankfurt am Main: "Wenn man puckt, dann von Anfang an. Sonst muss sich das Kind erst mühsam an die Freiheit gewöhnen, nur um sich dann wieder eingeengt zu fühlen".

Hilfe, ein Arm


Neugeborene sind den plötzlichen Spielraum, den ihre Ärmchen und Beinchen genießen, noch nicht gewohnt. Sie schrecken regelrecht aus dem Schlaf, weil sie sich vor ihren eigenen Zuckungen erschrecken. Es folgen lauthalsige Beschwerden über den so rüde gestörten Schlaf. Das Pucken verhindert derart unkontrollierte Bewegungen, da Arme und Beine eng an den Körper des Babys gewickelt sind.

Auch Carina Lauermann hat viele gute Erfahrungen mit dem Pucken: "95 Prozent der Kinder sind fast sofort ruhig. Mit der Begrenzung können die meisten Babys viel besser umgehen, als mit der plötzlichen Freiheit". Durch die somit verlängerten Schlafintervalle wird das Kind auch tagsüber ruhiger. Außerdem fühlt es sich in seiner Hülle sicher und ist daher weniger schreckhaft. Sogar Blähungen sollen seltener vorkommen.

Der harte Puck-Entzug


Angesichts der verführerischen Vorteile ist es also kein Wunder, dass das Pucken in vielen Ländern wieder weit verbreitet ist. Aber Vorsicht: es kann gelegentlich vorkommen, dass Babys regelrecht süchtig nach diesem Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit werden. Meist wird das Neugeborene allerdings das Pucktuch nach einigen Wochen von selbst ablehnen. "So in der dritten, vierten Woche werden gepuckte Kinder in der Regel unruhiger. Sie können dann langsam feststellen, dass die Geborgenheit von einem Tuch und nicht von einer Bezugsperson ausgeht", erklärt Carina Lauermann.

Die Methode ist nur bis zum zweiten Lebensmonat ratsam, sonst könnte es zu Hüftschäden kommen. Nur: erklär das einmal deinem Kind, wenn es plötzlich in ungewollter Freiheit schlafen soll! Es wird deinen Argumenten lautstark widersprechen. Daher solltest du nach und nach den Bewegungsspielraum des Babys erhöhen. Bis in den zweiten Monat kann das Kind noch komplett eingeschlagen sein, im Anschluss sollte man die Arme frei lassen. Später kann man das Kind unter eine fest gesteckte Decke legen, die nach und nach gelockert wird.

Wichtig: Die richtige Technik


Auch wenn der Erfolg des Puckens mittlerweile durch wissenschaftliche Studien bestätigt wurde - es bleibt ein Rest Zweifel bestehen. Neben dem Süchtig-machenden Effekt hat auch die Wickeltechnik selbst ihre Tücken und sollte deshalb nur mit entsprechender Kenntnis angewandt werden. Am besten fragt man deshalb vorher die Hebamme seines Vertrauens und lässt sich mehrfach zeigen, wie das Tuch um das Baby zu legen ist. "Jede erfahrene Kollegin sollte mit dem Begriff Pucken etwas anfangen können und Eltern die richtige Technik zeigen können", so Carina Lauermann.

Wird nämlich zu eng und vor allem zu warm gewickelt, droht im schlimmsten Fall ein Hitzestau - das Baby schwitzt, könnte dehydrieren. Dieses Risiko droht vor allem dann, wenn der Kopf des Kindes bis auf das Gesicht mit eingewickelt wird, denn über diesen wird bis zu 40 Prozent der Körperwärme abgegeben. Solche Unfälle sind laut Carina Lauermann aber eher selten. Die einzigen Fehler, die sie bisher bei Eltern beobachten konnte, waren zu locker gepuckte Kinder. "Dann ist der Erfolg natürlich gleich Null".

Die Persönlichkeit des Babys beachten


Nicht jedes Baby steht auf Pucken. Es hängt von der Persönlichkeit des Säuglings ab, ob das enge Einwickeln für Ruhe oder Unruhe sorgt. Gelegentlich ist der Drang nach Freiheit größer als die Freude über Wärme und Geborgenheit. Schreit das Kind trotz perfekter Wickeltechnik und liegt die Ursache dafür weder an einer vollen Windel, oder anderen Störfaktoren, dann hat man es höchstwahrscheinlich mit einem kleinen Che Guevara zu tun, der sich mit der Enge nicht anfreunden kann. Oft hilft dann das Befreien der Ärmchen, so dass nur die Füße gepuckt sind. Wenn auch das nicht hilft, bleibt den Eltern nichts anderes übrig, als Babys Wunsch nach Freiheit zu respektieren.

Ausschlaggebend könnte auch der Körperbau des Nachwuchses sein. Laut Lauermann ist die Methode vor allem bei kleineren und zarteren Babys erfoglreich. Ihrer Erfahrung nach sind es vor allem die "stämmigeren und kräftigen Säuglinge", die dem Pucken nichts abgewinnen können.

Ein neuer Markt


Also: Probier es aus. Lass dir die Technik von einer erfahrenen Hebamme beibringen. Wer über zwei linke Hände in Sachen Einwickeln verfügt, für den hat die Industrie ein paar Hilfsmittel parat: Am preiswertesten sind Schlafsäcke mit Reißverschluss, ab zwanzig Euro gibt es Pucktücher mit Klettverschluss, für ein paar Euro mehr Steckkissen mit integrierten Kopfkissen. Die Preisspanne nach oben ist wie immer offen, je nach Güte der verwendeten Stoffe. Achte auf atmungsaktive, Waschmaschinen-geeignete Materialien. Prüf, ob das Innenfutter weich ist und nicht kratzt. Die billigste und flexibelste Lösung ist und bleibt es aber, diese Technik selbst zu erlernen. Auf diese Weise kann man das zum Pucken verwendete Tuch den gerade herrschenden Temperaturen anpassen und je nachdem ein leichtes Baumwolltuch oder eine kuschelige Wolldecke verwenden.

Karsten Frei

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