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Sorgerecht und Kindeswohl


Sorgerecht und KindeswohlBild: © lisalucia - Fotolia.com

In Sorgerechtsstreitigkeiten wird immer wieder der Vorwurf erhoben, die andere Partei - in der Regel die Mutter - würde dem Vater das Kind entfremden. Die Kimiss-Studie untersucht zum ersten Mal solche Strategien und fordert zur Definition des Begriffs "Kindeswohl" auf.

Sie haben Haus und Familie verloren, leiden darunter, ihre Kinder nicht sehen zu dürfen und sehen in ihrem Leben keinen Sinn mehr. So werden Trennungsväter ohne Kontakt zu ihren Kindern häufig beschrieben. Was da dran ist wollte die medizinische Fakultät der Universität Tübingen erfahren - auch nicht alltäglich, dass sich ärztliche Forscher mit Trennungs- und Scheidungsfolgen beschäftigen. Knapp 1200 Deutsche mit nach eigener Meinung zu wenig Kontakt zu ihren Kindern wurden befragt.

Verweigerung der Elternrolle


Mit 80% die übergroße Mehrheit gibt an, dass ihnen "jede Form einer fairen und gleichberechtigten Verteilung der Elternrolle verweigert" würde. Wichtige Informationen über das Kind werden ihnen vorenthalten, der Kontakt wird behindert oder gar unterbunden, sagen über 70%. Dabei ist die Mehrheit dieser Väter auf dem Papier sogar sorgeberechtigt, nur etwa 40% der Mütter haben die alleinige elterliche Sorge. Über Aufenthaltsbestimmungsrecht oder den Wohnort bei der Mutter sei jedoch eine "monopolisierte Sorgerechtsregelung" entstanden, die eine Kontaktsperre ermögliche. Eine völlige Entfremdung des Kindes sei bei ca. 20% der Väter zu vermelden.

Als Missbrauch oder Misshandlung durch die Mutter benennen fast 50% der Väter dieses Verhalten der Mutter, bei sogar drei Vierteln lässt sich ein solcher Verdacht aus den geschilderten Fällen ablesen. Dabei geben die Väter an, dass etwa die Hälfte der Mütter in ihrer Herkunftsfamilie körperlich, sexuell oder emotional missbraucht worden sei. Dieses Verhalten werde "vererbt", so die Forscher. Womit sie allerdings eine Wiederholung selbst erlebten Verhaltens meinen, nicht eine genetische Disposition.

Keine Hilfe von Amt oder Gericht


Der größte Teil der Väter ist durch eine bis drei Instanzen vor Gericht gegangen. Dabei entstanden in der Regel Kosten in vierstelliger Höhe, die bei selbst bezahlten Gutachten auch fünfstellig werden können. Von Jugendämtern vertreten fühlte sich keiner dieser Väter, die übergroße Mehrheit überlegte sich Dienstaufsichtsbeschwerden gegen Mitarbeiter oder Mitarbeiterinnen des Amtes, sah aber wegen Aussichtslosigkeit, Unbeweisbarkeit oder weil sie die Situation des Kindes nicht weiter verschlechtern wollten davon ab.

In fast der Hälfte der Fälle wird von Täuschungen, Falschaussagen und Falschbeschuldigungen berichtet. Die Forscher sehen aufgrund der Vielzahl der Fälle hier "systematische Probleme im familiengerichtlichen Bereich". Sie fordern eine Klärung der Frage, inwieweit die "bestehende Rechtslage oder Rechtspraxis einen Sorgerechtsmissbrauch erlaubt", der einer Misshandlung des Kindes gleichkomme. In diesem Zusammenhang müssten vor allem die Begriffe Kindeswohl, Kindeswohlgefährdung, Kindesmisshandlung und Kindesmissbrauch eindeutig definiert werden.

Ralf Ruhl

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