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Baby-Jogger: "Easy going" oder Stolperfalle?


Baby-Jogger-Halten Sie was Sie versprechen?Bild: net-impaqt@photocase.de

Viele schätzen sie, die dreirädrigen Kinderwagen mit den großen Rädern. Extrem leicht, noch dazu geländegängig und bestens am Strand nutzbar, erfreuen sich die quasi All-Terrain-Sportwagen großer Beliebtheit. Doch kann man wirklich mit den Dingern joggen? Eine Spurensuche samt Selbstversuch.

Nach kurzer Recherche wird schnell klar: Wie bei vielem rund ums Kind prallen auch hier Weltanschauungen aufeinander. Die Werbung verheißt infantil "so sparen sie den Babysitter" und an Frauen gerichtete Artikel zum Thema "Fit bleiben" jubeln den Neu-Müttern zu: Gerade in der Anfangszeit will man das Neugeborene nicht alleine lassen - nimm es doch einfach mit zum Laufen. Dagegen "argumentiert" die Fraktion derer, denen die Alles-geht-Mentalität suspekt ist, aus der sicheren "ich setze mein Kind doch nicht zusätzlichen Gefahren aus"-Haltung und führt Erschütterungen, Geschwindigkeit und Sturzgefahr an.

Extremismus bringt einen nicht weiter


Doch mit derlei Richtungsstreit können wir die Ausgangsfrage nicht klären: Wie joggt sich das mit "Fruchtschubse", wie Achim Achilles alias Hajo Schumacher in seiner Lauf-Kolumne auf Spiegel-Online die flotten Wagen bezeichnet. Fakt ist, dass durchs schnelle Laufen die Erschütterungen stärker sind und man damit durchaus vorsichtig sein sollte. Den Tipp "joggen Sie auf Waldboden" sollte man überdenken. Bei jeder Unebenheit (z.B. Baumwurzel) schießt das angegurtete Kind hin und her.

Überhaupt ist die gesamte Wirbelsäule die Achillesferse beim Kind. Da der Stützapparat bei Kleinkindern noch nicht gefestigt ist, sollten diese erst als Ballast mitgeführt werden, wenn sie problemlos längere Zeit selbständig sitzen können.

Eher "letzte Ausfahrt" als "tolle Option"


Nach dem ganzen für und wieder wurden Freunde und Bekannte mit "Dreirädern" befragt. Einstimmiges Ergebnis: Klasse Wagen aber joggen damit hab’ ich noch nicht probiert. Die Begründung ist simpel. Wer schießt schon mit Gerätschaft durchs Unterholz, wenn der Partner doch während der Laufeinheit aufs Kind aufpassen kann? "Wenn sonst nichts mehr geht, dann ist das der letzte Ausweg", weißt ein Vater daraufhin, dass er die Körperertüchtigung mit Sportkarre nicht ernsthaft vor hat.

Erfahrungsbericht: Es läuft, aber noch holprig


Nun aber selbst ans Gerät. Derer gibt es eine Menge. Bei mir war es ein nicht mehr brandneues Model der Firma TFK. Der erste Eindruck beim eher ungläubigen Tester: Damit könnte es gehen. Denn die 16-Zoll-Räder, guten Lager und der starre Rahmen sorgen für Leichtgängigkeit, die bei normalen Kinderwagen nicht gegeben ist. Auch der Hohe Griff ist sehr angenehm. Er muss so justiert sein, dass beim Laufen der Ober- und Unterarm einen rechten Winkel bilden. Und dann rollt es wider Erwarten ganz ordentlich. Die 17 Monate alte Testperson (10,5 Kilo) mit ausgeprägter Autositzphobie ist neugierig, erfreut sich an der höheren Reisegeschwindigkeit und ergötzt sich an der Landschaft. Störend bemerke ich, dass wie sonst üblich, die Arme nicht neben dem Körper hin und her pendeln können. Man kann zumindest zeitweise Abhilfe schaffen, indem man leicht versetzt links oder rechts des Wagens läuft und diesen nur mit einer Hand steuert. Ein Arm ist dadurch dann frei. Allerdings erfordert das erhöhte Konzentration beim Umgang mit dem Gerät und daher ein wenig Übung.

Fazit: Man kann mit Baby-Joggern durchaus gut laufen. Ob das allerdings dem Kind auf Dauer immer Spaß macht ist fraglich. Länger als eine Stunde sollte man das dem Nachwuchs nicht zumuten. Aber oftmals äußern die bei kindlicher Unterforderung ja ihren Unmut, so dass man reagieren kann. Aus Läufersicht ist die Haltung zu bemängeln. Ohne "Schubse" ist es in jedem Fall entspannter. Daher sollte man vielleicht mit dem Jogger mal "fremdgehen" und ihn mit Rollerblades "betrügen". Die Armhaltung ist dafür wesentlich geeigneter. Allerdings bekommt der Wagen auch wesentlich mehr Geschwindigkeit drauf und demzufolge kann ein Sturz unangenehm sein. Man sollte daher schon gut fahren können, damit man unfallfrei den "Babysitter spart."

Christoph Hermanny

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