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"Elternzeit ist kein Urlaub!"


Wie wirkt sich die die Elternzeit auf die Partnerschaft, die Familie und das Berufsleben aus?Bild: m!ra - photocase.de

Über ein Drittel der Väter nehmen inzwischen Elternzeit; die meisten drei Monate, also einen mehr als die zwei sogenannten Papamonate. Aber wie wirken die sich auf die Partnerschaft, die Familie und das Berufsleben aus? Die Hans-Böckler-Stiftung hat es untersucht.

Partnerschaftliches Aushandeln


"Es war schön, aber auch anstrengend und ist viel zu schnell vorbeigegangen" - so antworten die meisten Männer, wenn man sie auf ihre Elternzeit anspricht. Dabei nehmen sie nicht nur, wie meist unterstellt, die beiden Partnermonate in Anspruch. Und vor allem diejenigen, die für drei oder mehr Monate zu Hause bleiben, sprechen von deutlichen Veränderungen in Partnerschaft und Familie, so Studienleiterin Svenja Pfahl.

Knapp hundert leitfadengestützte qualitative Interviews hat sie mit ihrem Team durchgeführt und eine bundesweite Online-Befragung ausgewertet, zusätzlich wurden einige Partnerinnen befragt. Große Unterschiede stellte sie fest zwischen den Männern, die zwei Monate Elternzeit nahmen, und denen, die mindestens drei Monate mit dem Kind verbrachten. Den größten Einfluss darauf, ob, wie und wie lange die Männer die Kinderauszeit nehmen, hat - die Partnerin.

Die Karrierepläne der Frau


Ist sie berufstätig und hat Spaß daran, dann wird sie dies ihrem Mann gegenüber vertreten. Und da Männer heutzutage sehr partnerschaftlich orientiert sind, wird er darauf eingehen. Die Elternzeit des Mannes ist also ein gutes Beispiel für eine gelingende Aushandlungskultur. Wichtige Faktoren sind natürlich die berufliche Qualifikation der Frau, bereits vorhandene Kinder, die Höhe ihres Einkommens - und das Verhältnis der beiden Einkommen zueinander. Je näher es beieinander liegt, desto eher geht der Mann in Elternzeit.

Davon profitiert sie in ihrer Karriere: Sie kann länger am Tag arbeiten, kann Qualifizierungen nachholen oder abschließen, kann anspruchsvollere Aufgaben übernehmen, Dienstreisen unternehmen, eine führende Position annehmen - kurz gesagt, sie kann sich gute berufliche Möglichkeiten erschließen. Denn der Partner hält ihr den Rücken frei.

Aber das ist doch sicher nach den Papamonaten vorbei?! Nix da! Genau das ist nachhaltig. Jeder vierte Vater reduziert direkt im Anschluss an die Elternzeit seine Arbeitszeit. Insgesamt arbeiten 40% der Männer, die mindestens drei Monate Elternzeit genommen haben, im Nachhinein kürzer. Von den "Zwei-Monats-Papas" sind es immerhin 23%. Das weist auf eine "stärker egalitäre Paararbeitskonstellation" hin, so Pfahl. Das gelingt besser, je näher sich die beruflichen Qualifikationen und Einkommen der Partner sind.

Vorgesetzte und Arbeitgeber


Selbstverständlich hat auch das Klima im Betrieb einen hohen Einfluss darauf, ob der frisch gebackene Vater sich mehr Zeit für sein Kind nimmt. Vor allem von den direkten Vorgesetzten hängt es ab, wie der Familienmann in der Firma angesehen ist. Ablehnendes Verhalten führt insbesondere bei unsicheren Vätern dazu, dass sie nur reduziert in Elternzeit gehen oder ganz darauf verzichten.

In vielen Betrieben fehlen familienpolitische Leitbilder und Vorgaben. Daher sieht manche Entscheidung eines Vorgesetzten recht willkürlich aus, orientiert sie sich doch an seinen persönlichen Werthaltungen und dem vorhandenen Arbeitsaufwand. Das kann positiv sein, wenn der Arbeitnehmer ein gutes Verhältnis zu seinem Chef hat. Und es kann schlecht laufen, wenn der direkte Vorgesetzte keine Kompetenz hat, um über Vertretungen zu entscheiden oder Arbeitsanfall nach hinten zu verlagern. In solchen Fällen fühlen sich Väter oft nicht unterstützt. Das ist ein wichtiger Hinweis darauf, dass familienpolitische Maßnahmen auf der betrieblichen Ebene durch Personalmanagement und Arbeitsorganisation abgefedert werden müssen. Befürchtungen über Karrierenachteile sind jedoch nicht unbegründet: Von direkten negativen Auswirkungen der Elternzeit auf die eigene Berufstätigkeit berichtete ein Viertel der interviewten Väter und ein Zehntel der Männer aus der Online-Befragung!

Die Beziehung zum Kind


Jetzt aber endlich zu denen, um die es doch bei der Elternzeit geht, den Kindern. "Durch meine Elternzeit hat sich eine intensive Beziehung zu meinem Kind entwickelt, die bis heute anhält" - das trifft voll und ganz zu, sagen über 71% der Männer, die länger als drei Monate zu Hause blieben. Von den "Zwei-Monats-Papas" immerhin noch knapp 54%. Und weitere 23% bzw. 35% sagen "das trifft zu".

Aber waschen sie auch die Windeln und geben sie Kügelchen bei Krankheit? So ganz direkt wurde das nicht erfragt. Aber die Väter, die in der Elternzeit tatsächlich die Hauptverantwortung für das Kind übernommen haben, fühlen sich kompetenter in Fragen der Betreuung bis hin zur Gleichwertigkeit. Hier gibt es eine direkte Konstellation zwischen Elternzeitdauer und Kompetenzgefühl: Mehr Monate Kinderpause gleich besseres Gefühl zu Kind und eigener Betreuung.

Ist die Elternzeit also rundum positiv zu bewerten? Es kann jedenfalls noch besser werden, so Pfahl. Insbesondere flexible Arbeitszeiten im Sinne des Vaters (und nicht des Betriebs), passgenaue Teilzeitmodelle, kurzfristige Freistellung (wenn das Kind krank ist oder die Betreuungsperson ausfällt) sowie Planbarkeit der Zeiten der Abwesenheit aus der Familie sind für die Väter immens wichtig. Und da kann in den Betrieben noch einiges getan werden!

Ralf Ruhl

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