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29.09.2024 15. Woche
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Mopsfidel und puppenlustig

Klartext über meine Pumperkarriere: heute wird es emotional. Lass uns über Wut, Druck, Frustration und Co. sprechen.
Hallo mein Herz,

nachdem ich in der letzten Woche in Zahlen Bilanz gezogen und somit die rationale Seite meiner Stillaktion betrachtet habe, geht es heute um die emotionale Seite.

Okay, ich gebe es zu: So 100-prozentig rational war es letzte Woche auch nicht. ;)
Dankbar bin ich für die Zuschriften von Frauen, die sich bedanken, dass ich ungeschönt berichte und einen so tiefen Einblick gewähre.

Weiter geht es also heute und ich beginne mit dem Wort STILLEN.
Es heißt so, weil das Bedürfnis des Babys nach Nahrung gestillt wird.
Das „N“ ist dabei besonders wichtig, denn sonst hieße es STILLE.

Still ist es bei Noah und mir nie gewesen.
Jeder Anlauf eine Farce.
Da wurde gebrüllt (er) und geheult (ich).
Als wäre Stillen die Foltermethode für Mama und Baby.

Ich habe es immer wieder ausprobiert.
Mit kleiner Sonde am Finger oder auf der Brust.
Mit und ohne Stillhütchen.
Und dann hab ich es gelassen.
Ganz entgegen den Empfehlungen, die ich von anderen Müttern bekommen habe: „Du musst ihn nur richtig aushungern, dann nimmt er die Brust.“

Ich spielte das in Gedanken durch.
Das Ergebnis war brachial: erst den Willen brechen, damit dann gehorcht wird.
Erinnert mich an amerikanische Soldatenfilme.
Nee. Das fühlte sich im Zusammenhang mit meinem Baby und Essen überhaupt nicht stimmig an.

Ich nahm das Thema mit zu meiner Stillberaterin.
Du erinnerst dich an Jana.
Ich hatte sie letzte Woche vorgestellt.

Wir sprechen auch zu diesem Thema eine Sprache.
Schlimm fand ich es, als sie mir sagte, dass das von manchen Müttern auch beim Abstillen gemacht wird.
Das Baby wird so lange ausgehungert, bis es die Flasche nimmt.
Passiert, wenn Mamis keinen Bock mehr auf Stillen haben.

Stillen nervt die anderen scheinbar genauso, wie mich das Abpumpen.
Übrigens wurden dabei meine Nippel hart in Mitleidenschaft gezogen.
Ich habe dann mit „Nippellabello“ und Pads gearbeitet, um die Heilung voranzutreiben.
Einmal hat Jana auch gelasert, damit die Heilung schneller geht.
Schließlich ist eine längere Pumppause nicht gut für den Milchfluss.

Und das bringt mich zum Pumpprotokoll, das ich führen sollte.
Ein A4-Zettel mit 13 Spalten und ganz vielen Zeilen.
13.
In manchen Ländern die Unglückszahl.
So auch für mich.
Ich wurde jeden Tag unzufriedener.

In Spalte 1 wird der Tag eingetragen und in den 12 weiteren Spalten die abgepumpte Menge Milch.
Bei mir hätte es also locker ein A5-Zettel getan.
Ich habe es nur an zwei Tagen geschafft sechs Mal zu pumpen.
Alle anderen Tage lag ich drunter.

Was habe ich geflucht, geheult und mich selbst fertiggemacht.
Mr. Magic nahm mich dann in den Arm und sagte „Du musst das nicht machen. Du kannst jederzeit aufhören. Es ist dein Körper und deine Zeit.“

Die feststehende Milchpumpe sorgte dafür, dass ich mich isoliert fühlte.
Als ich mir den Platz eingerichtet habe, habe ich mich bewusst dafür entschieden.
Abgeschirmt in der Ecke des Wohnzimmers, damit ich meine Privatsphäre hatte, aber nicht komplett aus der Welt war, guckte ich an die Wand.
Ich fühlte mich, als würde ich im Schäm-Dich-Sessel sitzen.

Diese Pumpe ersetzte ich dann durch eine „To-Go“-Pumpe.
Allerdings ging ich damit nur bis auf die Couch.

Als ich das erste Mal zwanzig Milliliter gepumpt hatte, kam ich stolz auf die Terrasse.
Während Mr. Magic mich anstrahlte, sagte eins der Mädels „Das ist aber wenig.“
Mir schossen sofort die Tränen in die Augen.
Die Sozialisierung in einer Leistungsgesellschaft lässt grüßen.

8 – 12 Mal abpumpen am Tag, damit es mehr werden würde, habe ich einfach nicht hinbekommen.
Ich war frustriert.
Aufgeben wollte ich jedoch auch nicht.
Ich setzte mich mit diesem Protokoll selbst unter Druck.
Nach ungefähr 3 Wochen nahm ich den Druck raus und warf das Protokoll in die Papiertonne.

Dieser Zettel war nicht nur demotivierend für mich, nein, ich fühle mich auch gedemütigt.
Manchmal konnte ich nur 5 Milliliter nach 30 Minuten Pumpen eintragen.
Dann stiegen mir die Tränen in die Augen und ich fragte mich ‚wozu eigentlich dieses Bohei?!‘
Mein Pumpermotto wurde „5 Milliliter und 4-mal pumpen ist besser als 0“.

Wenn ich meine Pumpenzeit hatte, dann kam es durchaus vor, dass ich mit Freundinnen telefonierte oder ihnen Sprachnachrichten schickte.
Nicht selten machte ich dann zum regelmäßigen Pumpgeräusch die passenden „Muh-Muh-Muh„-Laute im Takt.
Meine Freundinnen waren zunächst unsicher, ob sie lachen durften.
Durften sie.
Ich konnte mich darüber gut amüsieren.

Es gab aber auch Momente, in denen war ich richtig wütend.
So wütend, dass ich die Pumpe am liebsten aus dem Fenster geschmissen hätte.
Die Wut wich später einer gewissen Resignation.
Mittlerweile habe ich mich gewöhnt und es ist okay.

Wütend war ich vor allem dann, wenn ich kostbare Milch verschüttete.
Das geschah zum Beispiel, wenn ich mich nebenbei um Noah kümmerte und mich dabei zu weit nach vorne neigte.
Anschließend konnte ich dann den Boden wischen – allerdings reichte bei meiner gepumpten Menge ein Taschentuch.

An dieser Stelle frage ich mich, ob Frauen bei der Entwicklung für Milchpumpen hinzugezogen werden!
Wenn nicht in der Entwicklung, dann doch bitte beim Praxistest.

Für Frauen wie mich, die nicht einfach nur rumsitzen, ist es nämlich nervig, wenn das weiße Gold verschüttet wird.
Dafür muss eine Lösung gefunden werden.
Immerhin fliegen wir seit Jahrzehnten auf den Mond.
Da kann es mit der Pumpenproblematik jawohl nicht so schwer sein das ganze Plastikgelumpe „dicht“ und „kleckerfrei“ hinzubekommen.

Neben „Verschütten durch Aktivität“ gab es auch noch die Variante „was vergessen“.
Manchmal habe ich nachts im Dös vergessen den Auffangbehälter drunterzuschrauben.
Da die Milch meine Körpertemperatur hat, dauerte es dann eine Weile, bis ich es geschnallt hatte.
Diese Verschwendung.
Sehr ärgerlich.

Genervt war ich auch, wenn Noah seinen Reflux anwarf und mir die mühsam gepumpte Milch entgegenspuckte.
Ich erkannte, wie es mich nervte „umsonst“ gearbeitet zu haben.
Meine Sinnsuche ergab, dass ich Geduld lernen sollte.
Ich übe noch.

Dann gibt es noch die beliebte Frage „Stillst du?“ oder „Und, wie läuft es mit dem Stillen?“.
Geht mir mächtig auf die Nerven, scheint jedoch eine beliebte Smalltalkfrage in der Mamibubble zu sein.
Wird von anderen ungefähr auf der Ebene „Na, wie geht’s?“ oder „Was sagst du zum Wetter?“ eingeordnet.

Bei mir ist das anders.
Für mich sind diese Fragen sensibel.
Stell‘ dir vor, ich würde eine fremde Mutter fragen „Na, bumst ihr schon wieder nach der Geburt?“
Vom gleichen Kaliber ist die Frage „Und, wie läuft es mit dem Stillen?“ für mich.
Echt intim.
Bisher habe ich mich zusammengerissen und meine Frage nicht gestellt, dafür die Stillfragen der anderen Mama laut und deutlich beantwortet.

Und wo wir gerade bei Mama sind.
Meine Mama sagte mir gleich: „Wir Frauen geben in unserer Familie alle keine Milch. Ich habe keine bekommen und du hast auch keine Muttermilch bekommen. Wir sind trotzdem nicht verhungert.“
Recht hat sie!

Manchmal kam mir dann beim Pumpen schon der Gedanke „Ich bin eben keine Milchkuh, sondern eine Fleischkuh.“

Meine Osteopathin setzte da noch einen drauf und sagte „Ach weißt du, es gibt die Frauen, die geben Milch und dann gibt es die Frauen, die geben Sahne. Erkennst du daran, dass die Babys speckiger sind.“
Wir haben uns köstlich amüsiert und der ganze Ballast fiel einfach von mir ab.

Alles in allem fühlte ich mich teilweise durch den gesamten Aufwand mit Beratung, Pumpen und Medikament, wie eine auf Milch reduzierte und optimierungsbedürftige Kuh.
Mopsfidel und puppenlustig (oder heißt es pumpenlustig?) ist definitiv was anderes.

Ich kann dir sagen, dass ich mich schon jetzt auf die B(r)eikostzeit freue.

Mein Resümee nach der Still-Odyssee lautet jedenfalls: Eine Mama, die nicht stillt, ist keine schlechtere Mama und eine stillende Mama ist keine bessere Mama.

Begegnen wir uns also bitte auf Augenhöhe.

Dir wünsche ich eine zauberhafte Woche.

Deine Marion Glück

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