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18.04.2011 13. Woche
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Heimatbesuch, die Zweite

Freizeitpark Lochmühle; Adrenalinhämmer – nicht für Finn und mich; hoch zu Ross, aber nicht lang; warten auf Ryanair; Deadline-Stress; Knochenarbeit
So, jetzt der zweite Teil unseres Deutschlandaufenthalts:

Am Montag besuchten wir die Lochmühle, ein Freizeitpark für Kinder im Taunus. Wir hielten uns dort fünf lange Stunden auf, die aber wie im Flug vergingen. Das Wetter war herrlich, Sonnenschein und Frühlingstemperaturen um die 20 Grad. Finn war nicht so gut drauf und hatte keine rechte Lust auf Attraktionen, aber Josh dafür auf umso mehr. Von der Eichhörnchen-Achterbahn über den Wasserbob bis hin zur Riesenrutsche (einer mind. zehn Meter hohen Rutsche auf der man mit einer Matte heruntersaust) – alles wurde bis zur Erschöpfung ausprobiert.

Ich bin selbst kein großer Held, wenn es um das Bezwingen von Jahrmarktattraktionen geht. Schon als Kind mochte ich weder Autoscooter noch Riesenräder und Achterbahnen schon gar nicht. Daran hat sich nicht viel geändert. Josh ähnelt seiner Mutter und kann von den Adrenalinhämmern gar nicht genug bekommen. Ehrlich gesagt weiß ich nicht was daran Spaß machen soll, in einer Achterbahn auf dem Kopf stehend mit irren Geschwindigkeiten durch dunkle Tunnel zu rasen. Finn findet das auch nicht sehr vergnüglich.

Trotzdem: Alles in allem war es ein traumhafter Tag bis auf einen Schreck zu später Stunde. Die letzte Attraktion und einer der Höhepunkte des Parks ist die Ponyreitbahn. Auf Tiere sind beide Jungs versessen also schwangen sie sich in den Sattel. Josh hatte sich ein dunkles Pferdchen ausgesucht und trabte munter vor mir und Finn, der eine rotbraune Schönheit gewählt hatte, her. Alles lief wie am Schnürchen bis zu dem Moment als Joshs Sattel plötzlich etwas nach links rutschte und der Junge im Dreck landete. Zum Glück blieb der Kleine heil bis auf einige Schrammen, aber der Schreck war groß. Die junge Frau im Pferdestall war untröstlich und ließ Josh zur Wiedergutmachung noch eine Runde reiten. Unser Jüngster war zunächst etwas ängstlich, aber verlor dann schnell seine Scheu. Ich vermute mit dem Reiten ist es wie mit dem Fahrradfahren: Wenn man runterfällt muss man gleich wieder aufsteigen.

Am Dienstag dann stand das Frankfurter Naturkundemuseum Senckenberg auf dem Programm. Es regnete und ein kalter Wind pfiff um die Häuserecken. Ideales Museumswetter. Für Finn sind Museen eine Herausforderung. Sie bieten nun mal eher intellektuelle Beschäftigungen und Finn wird schnell langweilig. An diesem Tag hatten wir allerdings Glück. Mit Dinosauriern, Schlangen und Spinnen konnten wir ihn eine Weile bei Laune halten, aber nach zwei Stunden war der Ofen aus. Finn wurde zappelig und gab alle möglichen Geräusche von sich – vermutlich, um sich abzulenken. Wir legten eine Pause ein und anschließend lief es besser, aber nicht für lange. Finn liebt interaktive Displays in Museen und das Senckenbergmuseum hat davon nicht viele zu bieten. Josh fand die zahlreichen Exponate hochspannend.

Um 16 Uhr machten wir uns auf den Heimweg, denn unsere Abreise war für den nächsten Tag geplant und wir mussten noch packen. Wir mussten uns nämlich schon um 3 Uhr morgens aus den Betten quälen, denn unser Flieger hob bereits um 6.30 Uhr ab. Das war natürlich unangenehm, aber ich hatte es mit einem Sparwahn etwas übertrieben und den billigsten Flug gebucht.

Mir graute schon vor der Heimreise, denn mit dem Flughafen Hahn (Hahn ist ein ehemaliger US-Militärflughafen rund 80 Kilometer von Frankfurt entfernt, der von Billigfliegern angeflogen wird) verbinden uns unangenehme Erinnerungen. Mindestens viermal mussten wir dort auf der Rückreise nach London bis zu sechs Stunden auf unseren Flug warten. Ryanair ließ sich nie herab uns genau mitzuteilen, was die Ursache für die Verspätungen war. Meist hieß es, der Flughafen in Stansted sei überlastet gewesen oder das Wetter in London war schlecht.

Unser schlimmstes Reiseerlebnis in der Wetterau war folgendes: Wir trafen um 16 Uhr für unseren Flug nach London um 18.30 Uhr ein. Gegen 17 Uhr (nachdem meine Eltern gerade den Heimweg angetreten hatten) wurde uns mitgeteilt, dass der Flug verspätet sei – nicht aber auf welche Uhrzeit sich der Abflug verschieben würde. Stündlich wurde uns mitgeteilt, dass der Flug sich weiter verspätete. Natürlich durften wir das Flughafengebäude nicht verlassen. So verbrachten wir sechs Stunden auf den harten Plastiksitzen des Flughafens Hahn und bestellten einen Kaffee nach dem anderen (nicht für die Kids natürlich).

Während wir warteten starteten übrigens mehrere Ryanair-Flugzeuge, darunter auch ein Flieger nach London (planmäßig um 23.30 Uhr – eine Umbuchung wäre aber ziemlich kostspielig gewesen), nur unser Flug wurde immer weiter verschoben. Fast alle Fluggäste beschwerten sich, aber Ryanair nahm davon wenig Notiz. Um 23.30 Uhr wurde uns schließlich mitgeteilt, wir sollten uns anstellen, um endlich das Flugzeug zu betreten. Man ließ uns aber trotzdem noch eine Stunde warten. Um 2 Uhr Ortszeit landeten wir schließlich in Stansted. Dort mussten wir uns zwei weitere Stunden die Beine in den Bauch stehen, weil unser Gepäck nicht ausgeladen wurde. Offensichtlich beschäftigt der Flughafen Stansted für die Nachtschichten nur wenig Personal. Um 5 Uhr morgens sanken wir schließlich nach 15 Stunden Reise erschöpft in unsere Betten in Hackney. In welchem Zustand sich unsere Kinder zu diesem Zeitpunkt befanden, brauche ich euch sicher nicht zu erzählen.

Ein anderes Mal war ich mit Finn alleine zu meinen Eltern gereist (auch mit dem irischen Billigflieger). Zunächst hatte der Rückflug drei Stunden Verspätung, was wir allerdings zu diesem Zeitpunkt schon gewohnt waren. Kurz vor der Landung in London wurde uns dann mitgeteilt, die Maschine würde nicht in Stansted, sondern wegen schlechten Wetters in Gatwick landen. Das Problem: Unser Auto stand in Stansted. Weil der Flug ohnehin drei Stunden Verspätung gehabt hatte, landete die 23-Uhr-Maschine um 2 Uhr morgens in Gatwick. Mitten in der Nacht gibt es keine Möglichkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln direkt von Gatwick (Gatwick befindet sich etwa 100 km nördlich von London, Stansted etwa 60 Kilometer in östlicher Richtung) zu erreichen. Über London Stadtmitte zu gehen, wäre sehr zeitaufwendig und kostenintensiv gewesen. Außerdem hatte ich einen todmüden Fünfjährigen im Schlepptau, der nur noch ins Bett wollte. Ich entschloss mich also ein Taxi von Gatwick nach Stansted nehmen, was mit rund £100 zu Buche schlug. Um 5 Uhr morgens kamen wir völlig erschöpft Zuhause an.

Ich schrieb meinen mittlerweile dritten Beschwerdebrief an Ryanair, aber dort winkte man nur ab. Für schlechtes Wetter könne man schließlich nichts. In meinen Augen war der Grund für die Misere aber nicht das Wetter, sondern die Verspätung unseres Flugs. In Stansted herrscht nämlich Nachtflugverbot. Unsere Maschine durfte dort um 2 Uhr morgens nicht landen, sondern wir mussten auf Gatwick ausweichen, das auch nachts angeflogen werden kann. Aus gut nachvollziehbaren Gründen graute es mir also vor dem frühmorgendlichen Flug, und ich zerbrach mir den Kopf darüber was wohl diesmal schief gehen könnte.

Um drei Uhr morgens quälten wir uns aus den Federn. Die Jungs waren guter Dinge, nur ich fluchte leise vor mich hin. Zum Glück ging nichts schief. Die Straßen in die Wetterau waren frei, auf dem Flughafen Hahn war nichts los und unser Flug hatte keine Verspätung. Auch in Stansted gab es keinen Ärger mit unserem Gepäck und wir schlossen schon um 9.30 Uhr Ortszeit unsere Haustür auf.

Die Heimat hatte uns wieder, aber damit auch die Pflichten. Auf meinem Schreibtisch hatte sich ein großer Berg Arbeit angestaut und seit unserer Rückkehr habe ich noch keine ruhige Minute gehabt. Meine nächste Deadline für ein Motorradmagazin dessen deutscher Chefredakteur ich bin ist am 2. Mai. Bis dahin heißt es Ohren anlegen und durch. Meine Frau muss sich um die Kinder kümmern, denn sie hat Ferien (Lehrer möchte man sein).

Sue bemüht sich immer sehr, den Jungs ein unterhaltsames und lehrreiches Programm zu bieten (kein Fernsehen oder DS). Heute zum Beispiel – es ist Sonntagmorgen – während ich im Café diese Zeilen schreibe – ist sie mit den Buben in die Kirche gegangen (meine Kinder besuchen eine kirchliche Schule und müssen sich einmal im Monat im Gottesdienst sehen lassen) und anschließend wollen sie den Columbia Flowermarket besuchen. Das ist ein bekannter Blumenmarkt im East End. Dort herrscht sonntags ein furchtbares Gedränge und Geschiebe, aber die Blumen und die Atmosphäre sind toll. Wer also mal nach London kommt, sollte sich diesen Markt unbedingt anschauen.

So, jetzt ist mein Tagebucheintrag für diese Woche schon wieder ellenlang geworden, dabei hatte ich mir doch vorgenommen, mich kürzer zu fassen. Aber ihr wisst ja, wie das mit den guten Vorsätzen ist ... es bleibt meist bei den Vorsätzen ...

Zum guten Schluss noch eine kleine Anekdote: Josh kam neulich nach Hause und erzählte, er hätte etwas sehr interessantes in der Schule gelernt. Kinder hätten wesentlich mehr Knochen als Erwachsene. Die Knochen der Kleinen würden aber nach und nach zusammenwachsen und aus diesem Grund hatten sie später weniger Knochen. Diese Theorie fand Josh sehr überzeugend. So überzeugend, dass er abends beim ins Bett gehen zu meiner Frau sagte: „Mama, ich glaube bei mir sind eben einige Knochen zusammengewachsen!“

Cheerio,

Frank

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Kommentare von Lesern:

 
Kate, nrw:
11.08.2012 09:03
Pingelig, ich weiß, aber Gatwick liegt doch südlich von London??!
Ansonsten ein tolles Tagebuch! Will auch in GB leben
Gerd, Norddeutschland:
19.04.2011 13:44
Aufgrund ähnlicher, wenn auch nicht ganz so schlimmer Erfahrungen mit RyanAir habe ich einfach aufgehört, mit dieser Fluglinie zu fliegen. Egal wie günstig sie ist. Interessanterweise sind andere Fluglinien gar nicht mal so viel teurer, wenn man alles zusammen rechnet. Und bei denen werde ich wenigstens wie ein Mensch behandelt.

Tagebuch Frank H. Diebel

Frank H. Diebel
Alter: 44 Jahre
Wohnort: London
Beruf: Journalist
Familienstand: verheiratet
Geburtstag Kind: Finn: 23.10.00; Josh: 2.9.02
Letzter Eintrag: 19.12.2011

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