18.05.2025
48. Woche
Raus aus dem KKK – rein ins Leben
Mein Milchmann zeigt dir, wie man ausbricht – aus dem Kinderknast und den eigenen Denkmustern. Ein Urlaub voller Aha-Momente.
Hallo mein Herz,
wir waren in dieser Woche ab Mittwoch im Hotel MaPa.
Familien-Workation, wobei der Fokus ehrlich gesagt ziemlich deutlich auf VaKATION lag.
Jede Menge frische Luft, gutes Essen und Spaziergänge, die von einigen Familienmitgliedern als Gewaltmärsche bezeichnet werden.
Dieses Mal haben wir sogar ein Reh gesichtet.
Der kleine Bär hat es allerdings verschlafen.
Vermutlich hat er sich gedacht: Wenn ich ein Gefechtsauge ziehe, dann ist es ganz schnell vorbei.
Kulinarisch gab es für Noah Erdbeeren, Kartoffel, Spargelspitzen und den ersten Toast mit Frischkäse. Seinen Haferbrei hat er strikt verweigert und durch die Lippen direkt auf mein Shirt gepustet.
Auch mein Opa kam wieder einen Tag zu Besuch.
Er hat so liebevoll mit Noah gespielt – die beiden waren ein Herz und ein kleiner bunter Ball.
Noah hatte gar keine Chance sich an das runde Leder heranzurobben, denn mein Opa war mit seinem Rollstuhl schneller rangerollert, um ihm den Ball immer wieder zurückzuspielen.
Was für ein Spektakel im Wohnzimmer und die Fliesen wurden auch gleich noch gewienert.
Trotzdem war es diesmal anders.
Bei meinem Opa schwang ein nachdenklicher Unterton mit, als ich ihn zu seiner Gesundheit befragte.
Als ob er sich innerlich auf den Abschied vorbereiten würde.
Das hat mich bewegt und ich habe umso bewusster jede Minute mit ihm aufgesogen und genossen.
Später wurde unser Milchmann dann im Kinderknast von meinen Eltern beschäftigt.
Unser Stoff-Gehege für den Bäbybären ist mit Reißverschluss an der Seite ausgestattet, sodass man rein- und rauskrabbeln kann, wie durch eine Tür.
Noah saß drin und lachte, während Opa vor der Tür wartete und ihm gezeigt hat, dass er aus dem Gefängnis ausbrechen kann.
Noah wurde ganz ruhig.
Legte sich auf dem Bauch.
Hat geguckt.
Gestutzt.
Und wurde dann neugierig.
Ich schaute mir das Schauspiel von der Couch aus an und dachte: Genau so sieht’s in unseren Köpfen aus.
Wir sitzen oft selbst in einem mentalen Kopfkinderknast (KKK).
Eingesperrt in unseren Gedanken und alten Konditionierungen.
„Ich darf das nicht.“
„Was, wenn ich Fehler mache?“
„Sei nicht so laut.“
Wenn wir uns mit uns intensiv beschäftigen, wird der Ausgang oft sichtbar und doch bleiben wir erstmal drinnen hocken.
Weil’s uns wie Noah geht.
Freiheit soll so einfach sein? Wirklich?
Und dann warten draußen auch Ungewissheit. Veränderung. Risiko.
Die wiegen viel mehr.
Also braucht es Mut, um die Ausgangstür aus dem mentalen Gefängnis zu nutzen und in die Freiheit zu gleiten.
Noah hat’s dann gewagt.
Er ist raus.
Wieder rein.
Wieder raus.
Hat gespielt, getestet, gelacht.
Er hat sich erlaubt, frei zu sein.
Am Abend gab es dann den Showdown beim Kartenkloppen!
Wir haben Skyjo gespielt. (Mit einer ganz fetten Empfehlung an dieser Stelle.)
Der Milchmann thronte neben mir im Kinderstuhl und hangelte nach meinen Karten.
Er wollte nicht nur zusehen, sondern mitspielen.
Also kramten wir aus dem Doppelkopfspiel die 7er, 8er und 9er raus, denn die spielen bei uns nicht mit.
Die Karten lagen vor ihm und er ist durchgedreht!
Eigene Karten!
Was für ein Hammer!
Und dann krallte er sich die Karten und kloppte sie auf den Tisch.
Wir haben Tränen gelacht und wissen jetzt, wieso es „Karten kloppen“ heißt.
Noah hat da sein Gewaltpotenzial entdeckt.
In dieser Woche riss er noch seinen Holzclown in drei Teile und hat seinem Stoffelefanten die Knopfaugen amputiert.
Autsch!
Dabei guckt er mich frech an, wenn ich ihn frage, ob er das gewesen ist.
Passend zum Kartenkloppen fiel mir der Spruch meiner Mutti ein „Der guckt wie Schell-Wenzel.“
Übersetzt: Er guckt wie der Schellbube.
Du fragst dich jetzt, wie der guckt?
Als Kind fand ich immer, dass der ein bisschen blöd aus der Wäsche guckt, obwohl er ein Buch in der Hand hält.
So als wenn er nichts verstanden hat.
Heute würde ich sagen, er sieht etwas planlos aus und hat einen leeren Gesichtsausdruck (oder doch ein Pokerface?).
Zumindest ist das beim Schell-Wenzel des deutschen Blatts der Fall.
Der Bube im französischen Blatt dagegen sieht recht schneidig aus, mit seiner Feder am Hut.
Aber ganz ehrlich, so süß wie mein Milchmann ist keiner der Jungen vom Kartenkloppen.
Jetzt sind wir jedenfalls wieder zu Hause und haben Mr. Magic in die Arme geschlossen.
Das war eine Wiedersehensfreude.
Während ich dir diese Zeilen tippe, schlafen die beiden Buben bereits und warten auf ihre Herzdame.
Also dann.
Bis nächste Woche.
Deine Marion Glück
P.S.: Falls du manchmal das Gefühl hast, in deinem eigenen KKK (= Kopfkinderknast) zu sitzen, kommt hier der kleine Hinweis: Die Tür ist offen. Du musst nur mutig sein, loszurobben.
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