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26.10.2011 36. Woche
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Flug nach Fürth

Taufe in Fürth, Playmobilland, späte Kirmes, falsches Geschenk
Ich sitze gerade im Garten, rauche eine Zigarette, trinke eine Tasse Kaffee und komme jetzt endlich dazu, mein Vätertagebuch für diese Woche zu schreiben. Übers Wochenende war ich in Fürth bei meinem Bruder, wie ich letzte Woche schon angekündigt hatte. Bei so einer Taufe kommt man zu nichts, schon gar nicht zum Schreiben. Außerdem bin ich gerade alleine, weil Sue mit Finn und Josh in die Stadt gefahren sind, also muss ich die Gunst der Stunde nutzen. Diese Woche sind nämlich Herbstferien und ich habe einiges zu tun.

Tatsächlich war es so, dass ich mit Josh alleine nach Fürth fuhr, weil wir nicht in der Lage waren, Finns Ausweis rechtzeitig zu bekommen. Ich muss dazu sagen, dass es in Großbritannien nur einen Reisepass gibt und keine ID-Card oder ähnliches, sonst hätte er ja damit fliegen können. Der Ausweis ist im übrigen immer noch nicht da. Am Donnerstag vor der Abreise hatten Sue und ich noch mehrere Male mit dem Passamt telefoniert, aber es war einfach nichts zu machen. Anrufe am Flughafen Gatwick und bei Air Berlin bestätigten dann, dass es nicht möglich ist, mit einem abgelaufenen Ausweis nach Deutschland zu fahren. Unsere Pässe wurden allein am Flughafen Gatwick dreimal kontrolliert, bevor wir in den Flieger einstiegen. Früher war es ohne Problem möglich, zumindest ins Flugzeug ohne Ausweis zu kommen, denn zum Einchecken brauchte man keinen Pass. Weil die Engländer aber massive Probleme mit illegalen Einwanderern haben, wurden die Gesetz diesbezüglich extrem verschärft. Finn war natürlich am Boden zerstört, aber ein Besuch bei ToysRus und Mac Donald’s konnten die Sache wieder zurechtbiegen. Außerdem buchte ich die beiden ungenutzten Flüge um, und so werden Finn und ich in vier Wochen nach Fürth düsen, damit auch er meinen Bruder und seine Familie besuchen kann. Meine Frau kommt dann beim nächsten Mal mit.

Der Flug selbst war sehr angenehm. Dafür gab es verschiedene Gründe. Air Berlin ist nicht so überlaufen wie Ryanair und man muss beim Einchecken nicht stundenlang anstehen. Außerdem ist der Flughafen Gatwick wesentlich größer als Stansted und da verlaufen sich die Massen. Es scheint dort auch mehr Personal zu geben, denn die Sicherheitskontrolle ging ruckzuck vonstatten, während das in Stansted oft ein sehr langwieriger Prozess ist. Faktisch ist es so, dass Stansted völlig überlastet ist. Das führt unter anderem auch dazu, dass sehr viele Flüge verspätet sind. Ich erinnere mich noch mit Schrecken daran, wieviele Stunden wir mit unseren Kindern als sie noch kleiner waren, am Flughafen Hahn saßen und auf unseren Abflug nach Stansted warteten. Eine zeitlang war es so schlimm, dass wir mit dem Auto nach Frankfiurt fuhren, weil das einfach bequemer war. Wer schon mit kleinen Kindern gereist ist, der weiß wie anstrengend es ist, vier oder fünf Stunden Wartezeit am Flughafen totzuschlagen. Insbesondere an einem so kleinen Flughafen wie Hahn.

Diesmal ging aber alles reibungslos. Nur auf der Autobahn nach Gatwick hatten Josh und ich eine Schrecksekunde. Man muss dort eine Mautgebühr von einem 1,50 Pfund zahlen, was mir völlig entfallen war. Mit Kreditkarte oder Bankkarte kann man nicht zahlen und wie hatten keinen Pfennig Bargeld dabei. Josh kletterte aber trotzdem in den Kofferraum und fand wie durch ein Wunder genau 1,50 Pfund Kleingeld in meinem Rucksack. Keine Anhnung, was passiert wäre, wenn wir ohne Geld an dem Kassenhäuschen aufgelaufen wären, vor allem weil hinter uns eine Schlange von mindestens 100 Autos stand. Das wäre sicher kein Vergnügen gewesen. So war das Reisen aber ein Vergnügen und wir trafen gegen 22 Uhr am Flughafen Nürnberg ein, der auch ziemlich winzig ist. Mein Bruder stand schon bereit und wir genehmigten uns noch schnell einen Kaffee. Dann ging es nach Fürth, wo mein Bruder zuhause ist. Meine Nichte Sophie ist jetzt vier Monate alt und zuckersüß. Sie schlief natürlich schon, aber Josh und ich riskierten trotzdem einen Blick. Mein Bruder und ich hatten uns ewig nicht gesehen, und es gab viel zu bereden so das wir schließlich alle (einschließlich des kleinen Josh) erst um 2 Uhr in unsere Betten fielen.

Am nächsten Morgen dann ging es nach einem ausgiebigen Frühstück ins Playmobilland. Meine Frau sagt immer, dass die Deutschen ein Händchen für Freizeitparks haben und das bestätigte sich auch in diesem Fall. Das Playmobilland ist wirklich klasse und der Eintritt mit 8 Euro nicht zu hoch – jedenfalls gemessen an Londoner Verhältnissen. Unser Legoland kostet 40 Euro Eintritt, und es ist wesentlich größer, aber trotzdem. Ein Tagesausflug dorthin ist also ein teures Vergnügen und davon abgesehen ist es auch immer brutal überlaufen und man verbringt Stunden mit Anstehen. Im Playmobilland war das jedenfalls nicht so und weil das Wetter sehr sonnnig war, hatten Josh und ich einen großartigen Nachmittag. Wir kletterten, paddelten auf einem Floß herum und kletterten auf die Playmobiland-Burg. Würstchen und Pommes durften nicht fehlen, wie das bei jedem Besuch in Deutschland so Tradition ist. Gegen 18 Uhr machten wir uns dann total erschlagen auf den Heimweg. Meine Eltern waren auch mit von der Partie. Um 22.30 Uhr mussten sich Josh und ich uns in die Falle hauen, weil wir die Augen nicht mehr aufhalten konnten.

Am nächsten Morgen dann ging es um 8.30 Uhr raus und wir mussten unsere feinen Klamotten anlegen, die meine Schwägerin Alex extra am Vorabend gebügelt hatte. Sophie ist wirklich eine ganz Süße, aber sie hat ein ziemlich lautes Organ und muss spätestens um 6 Uhr gefüttert werden, sonst macht sie Rabbatz. Oh Mann, obwohl Babys ja wirklich niedlich sind bin ich doch froh, dass meine Jungs schon so groß sind. Um 10 Uhr trafen wir uns an der Kirche und alle waren pünktlich da, wobei ich dazu sagen muss, dass Josh und ich wirklich auf den allerletzten Drücker aufgestanden waren. Aber: Wir sind auch saumäßig fix morgens. Eine halbe Stunde reicht uns für anziehen, waschen, Zähne putzen und frühstücken. Nicht schlecht, oder?

Die Taufe war ein voller Erfolg, nur das Sophie schrie wie am Spieß als ich sie über das Taufbecken hielt und dann auch noch die nächste Stunde lang. Der Pfarrer, ein sehr moderner Mensch mit Ohrring, war sehr aufgeregt und gab sich viel Mühe, hatte aber Schwierigkeiten zum Ende zu kommen. Nach Predigt, Gebeten und etlichen Liedern wollte er dann noch einen Kanon mit der Kirchengemeinde ausprobieren. Anschließend ging es ins Restaurant. Das Essen war super und ich trank um 12 Uhr bereits mein erstes Weizenbier was eigentlich nur noch ganz selten vorkommt. Alle waren guter Dinge und es kam auch nicht zu irgendwelchen Streitereien wie das bei Familienfeiern ja gern passiert. Nach der Taufe ging es zum Kaffee trinken zu meinem Bruder und wir wechselten von Weizenbier zu Wodka. Gegen Ende des Tages um 2 Uhr morgens hatte ich doch ganz gut einen sitzen, denn ich bin das Trinken einfach nicht mehr gewöhnt. Alles war prima nur über Josh machte ich mir ein bisschen Sorgen. Er verkroch sich den ganzen Abend und wollte gar nicht so richtig mitfeiern. Es fiel ihm doch ein bisschen schwer in so einer großen Gruppe zu sein und natürlich sprachen alle Deutsch und er verstand nur sehr wenig. Man merkte, dass er seine Mama vermisste, aber ich glaube, dass solche Trips wirklich gut für ihn sind. Seine Klassenlehrerin hatte uns auch bereits mitgeteilt, dass er ein wenig schüchtern in der Gruppe ist. Insofern ist es sicher gut für ihn öfter (auch ohne seine Mutter zu verreisen). Wobei ich glaube, dass sich das legen wird, denn ich war als Kind auch sehr schüchtern und heute bin ich es nicht mehr.

Am Montag dann krochen Josh und ich erst um 10 Uhr aus den Betten. Obwohl ich eine ganze Mange Wodka getrunken hatte, hielt sich der Kater in Grenzen, nur war Josh ziemlich müde, weil 2 Uhr für einen Neunjährigen doch ganz schön spät ist. Er war aber während der gesamten vier Tage nicht dazu zu bewegen, alleine ins Bett zu gehen. Nach dem Aufstehen machten wir uns auf den Weg nach Nürnberg, weil ich Josh versprochen hatte in ein Spielzeuggeschäft zu gehen und Finn, der am Sonntag elf geworden war, wollte ich mit einem Extrageschenk überraschen. Bei Karstadt wurden wir fündig und statteten uns mit diversen Ironman-Actionfiguren aus. Dann noch schnell einen Kaffee und wir mussten uns schon zum Flughafen aufmachen, denn unser Flug ging um 18.45 Uhr. Der Rückflug war genauso angenehm wie der Hinflug. Nur die Rückfahrt vom Flughafen Gatwick Hackney gestaltete sich etwas umständlich, weil ich mich irgendwo verirrte und statt über die Autobahn über eine Schnellstraße nach London reinfuhr. Zum Glück war aber wenig Verkehr, so dass wir um 21.30 Uhr zuhause eintrafen. Natürlich hatte sich während meiner Abwesenheit einige Arbeit angestaut, so dass ich den Dienstag am Computer verbrachte. Wieso ist das eigentlich so, dass kurz bevor und während man unterwegs ist plötzlich alle etwas von einem wollen? Das muss irgendein Gesetz sein, das noch nicht entdeckt wurde. Am Donnerstag vor der Abreise kamen plötzlich noch wahnsinig viele Übersetzungsanfragen rein, so dass ich bis drei Uhr morgens am Schreibtisch saß. Oder vielleicht sollte ich einfacher öfter wegfahren, damit ich mehr Arbeit habe?

Übrigens hat sich Finns Bettnässen weiterhin verbessert. Ich glaube, es ist jetzt schon einige Tage her, dass er das letzte Mal nachts in sein Bett gemacht hat. Wer hätte das gedacht? Interessant war auch, dass er während unserer Abwesenheit laut meiner Frau sehr ruhig und ausgeglichen, aber nach unserer Ankunft gleich wieder etwas überdreht war. Natürlich hatte ich auch das falsche Geschenk gekauft, denn er hatte etwas anderes erwartet. Solche Dinge regen Finn sehr auf und er weint dann oft ganz bitterlich, obwohl sich das ja meist leicht korrigieren lässt, zum Beispiel indem man einfach das Geschenk seiner Wahl kauft. Aber das ist eben auch so eine typische Asperger-Geschichte. Ich hoffe, er wird etwas ruhiger, wenn er älter ist, denn diese Aufregung ist vor allem für ihn sehr anstrengend.

Diese Woche sind wie gesagt Herbstferien. Am Sonntag wird es eine Geburtstagsfeier für Finn geben mit Kinobesuch. Der Kleine freut sich schon wie verrückt. Ich auch, denn Kindergeburtstage sind doch immer ein sehr schönes Ereignis. Ich erinnere mich gerne an meine eigenen Feiern und ich hoffe, dass Finn diese Jahre auch in guter Erinnerung behält.

So jetzt langt’s mal wieder mit dem Tagebuch. Ich wünsche euch allen eine schöne Woche und melde mich in sieben Tagen wieder.

Alles Liebe von der Themse,

Frank

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Tagebuch Frank H. Diebel

Frank H. Diebel
Alter: 44 Jahre
Wohnort: London
Beruf: Journalist
Familienstand: verheiratet
Geburtstag Kind: Finn: 23.10.00; Josh: 2.9.02
Letzter Eintrag: 19.12.2011

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