5 Tipps zum Vorlesen
Vorlesen ist eine der Lieblingsbeschäftigungen von Vätern. Und zwar nicht nur zur Weihnachtszeit. Wer Geschichten lebendig vorliest, schafft eine nahe Beziehung zu den Kindern. Und fördert nebenbei die sprachliche Ausdrucksfähigkeit.
- Lies, was dir selbst gefällt
Klare Sache, wem Schnulzen nicht gefallen, wird sie nie der Liebsten abends im Bett vorlesen. Das gleiche gilt für Kinderbücher: Wem Marienkäfer oder Monster zuwider sind, der sollte die Finger davon lassen. "Auch kleine Kinder können sich zum Beispiel Tierwörterbücher allein oder mit Freunden und Geschwistern anschauen, da muss Papa nicht dabei sein," sagt Christian Römer, Sprech- und Stimmtrainer in Göttingen. "Aber wenn man ein Buch gut findet, dann ist ein gemeinsames Leseritual - sei es die klassische Gute-Nacht-Geschichte oder der Sonntagnachmittag auf dem Sofa mit Kuscheldecke und Buch - für Vater und Kind eine wunderschöne gemeinsame Aktion." Also reinschauen ins Buch, blättern, ob es gefällt - und wenn ja, gibt es eine tolle Lesesession! - Den Text lebendig werden lassen
Geleierte Balladen - laaangweilig, das kennen wir selbst noch aus der Schule. Ein einfacher Tipp: in die Figuren eintauchen. "Das geht am besten bei wörtlicher Rede, wenn die Personen in der Geschichte direkt sprechen", meint Christian Römer. "Sich die Personen vorstellen, sprechen sie mit tiefer oder hoher Stimme, aufgeregt oder ruhig, schnell oder langsam? Welche Emotion haben sie gerade, sind sie in Action, handeln sie allein oder gemeinsam?" Ganz wichtig: Die Figur des Erzählers nicht vergessen! "Diese Person kommentiert, erzählt, ist aber keinesfalls neutral", so Römer. Also: auch dem Erzähler eine eigene Stimme geben! - Gib mir Tiernamen!
Das ist natürlich Quatsch. Gib mir Tierstimmen, das passt. In vielen Kinderbüchern, vor allem in Bilderbüchern oder kürzeren Texten für jüngere Kinder, sind Tiere die handelnden Personen. Mit deren Stimmen lässt sich wunderbar üben, mit verschiedenen Stimmlagen und unterschiedlichem Ausdruck zu lesen. "Kraa-kraa krächzt der Rabe. Wenn ich mit der Krächzstimme weiterlese, habe ich sofort den schwarzen Vogel vor mir, vor meinem inneren Auge, aber er wird in mir selbst lebendig. Muuh, die Kuh, tief, langsam brummig. Der Frosch dagegen breit, ein wenig quakend-quäkend", erläutert Römer. Grimassen ziehen, die Stirn rümpfen und die Nase runzeln - mach mir den Brummbär! - Keine Angst vorm Blöd-Sein
Komische Stimmen, vielleicht ein merkwürdiger Gesichtsausdruck - viele Eltern haben ein wenig Angst, sich zum Affen zu machen. "Kinder lieben das", meint Römer, "gerade die Kleineren stehen auf ausdrucksstarke Stimmen und Gesten. Erwachsenen scheint das oft übertrieben. Aber gerade das macht beim Vorlesen enorm Spaß!" Ganz nebenbei haben die Kleinen dann das Gefühl, den Großen auch mal überlegen zu sein. Und das stärkt das Selbstwertgefühl. - Vorlesen ist Beziehung
Wer Kindern vorliest, steht nicht auf einer Bühne. Meist wird abends im Bett vorgelesen oder nachmittags auf dem Sofa. Mal mit Kuscheltier, mal mit Kakao. Das Wesentliche ist die Gemeinsamkeit, die so geschaffen wird. "Die meisten Eltern verbinden mit dem Vorlesen eine sehr nahe Situation, oft mit engem Körperkontakt zu den Kindern. Sei es, dass sie auf dem Schoß sitzen, im Arm liegen oder auch einfach direkt neben einem sitzen und mit ins Buch schauen", sagt Römer. Und dafür muss man keine Ausbildung zum Vorlesekünstler absolviert haben. Zum Kuscheln braucht man schließlich auch kein Pädagogikstudium. Einfach eine schöne Zeit haben, sich nah sein, etwas gemeinsam machen, was allen Spaß macht - die Sprachförderung, die viele Eltern mit dem Vorlesen ebenfalls intendieren, geschieht dann ganz von selbst.