väterzeit.de - Vater sein, Mann bleiben

10.02.2013 21. Woche
Schrift vergrößern     Schrift verkleinern

Ohrenstöpsel und Schrei nach Liebe

Von Geburtstagsplanungen, Liedersingen, Höhen und Tiefen und kleinen Wundern im Alltag
Bald haben wir Geburtstag. Die erste Tochter und ich haben an einem Tag zusammen und ich muss sagen, sie ist das schönste Geschenk, was es geben kann. Damit auch alles an diesem Tag gut läuft, plant voll Vorfreude das Kind seinen großen Tag. So habe ich zusammen mit ihr beim Kaffee trinken einen Plan gemacht, was es alles geben soll, wer eingeladen wird und welche Musik gehört werden soll. Unverzichtbar ist für sie "Rosenkohl". Sie weiß, dass es anders heißt, aber wie weiß sie nicht. Sehr schön, dass sie laut mitsingt: "Jede neue Nummer bringt Kummer, trotzdem brauch ich jetzt `nen Mann..." Aha. Auch das "Leben im Aschenbecher" gefällt ihr sehr.

Wir können uns aber sehr glücklich schätzen. Eine Freundin erzählte vor Kurzem, dass ihr Sechsjähriger in der Bahn Musik mit Ohrstöpseln hörte und eine Passage von "Schrei nach Liebe" laut mitsang und durch die Bahn rief: "Arschloch!" Ja, es gibt ab und an peinliche Situationen. Aber sehr lustig. Der Geburtstag ist jedenfalls geplant, auch wenn die erste Tochter laut singt: "Du machst mich sprachlos."

Während ich diese Zeilen schreibe, essen die Kinder Kiwi. Sie haben sich das selbst organisiert. Der zweiten Tochter war eingefallen, dass es diese doch noch gab und die Erste hat die Früchte aufgeschnitten und die Löffel verteilt. Nun ist das Essen schon voran geschritten und die zweite Tochter kündigt an: "Ich brauch noch eine. Eine neue. Ich brauche noch eine Kiwi." Danach gefräßige Stille. Nach einer Weile die Nachfrage: "Wo ist eine Kiwi nun?"

In dieser Woche war ich an einem neuen Tiefstpunkt meiner Verfassung angekommen. Resignation und Verzweiflung ob der Erkrankung der Frau breiteten sich in mir aus und mutlos betrachtete ich die Zukunft. Und auf einmal kommen so kleine Wunder zu einem: in der Herrnhuter Losung des entsprechenden Tages stand, dass es wichtig sei, Gott zu vertrauen und eben nicht auf Menschen zu hören. Außerdem gäbe es solche Situationen, die so schwer für uns zu tragen sind, dass wir die Anwesenheit Gottes nicht mehr spüren würden, weshalb darum gebeten wurde, gerade in solchen Momenten von Jesus ein Zeichen zu bekommen.

Ist genau das nicht schon solches? Jeder sollte einen so wirksamen Mutmacher in verzweifelten Situationen finden. Und es gab nicht nur tröstliche Worte des Glaubens, sondern auch hübsche kleine Entwicklungen in der Familie: die erste Tochter schmiert mit großer Begeisterung und Hingabe ihrer kleinen Schwester Brötchen - mit Honig und Butter.
Die zweite Tochter geht jetzt alleine aufs Klo - und das noch gerne. Sie sagt, wenn sie muss und Hilfe braucht und ist so glücklich, wenn es wieder einmal geklappt hat. Dabei war ich schon diesbezüglich recht unglücklich. Das zweite Kindlein wollte einfach nicht auf die Toilette gehen. Sie schrie und wehrte sich und machte deutlich klar, dass sie lieber auf den Boden und Teppich oder eben in die Windel pullern will.

Die extensive Malphase der zweiten Tochter ist nun anscheinend auch vorbei. Statt Masse produziert sie sehr gerne Klasse ;-) und singt dabei schöne Lieder, die sie sich zu einem Großteil selbst ersinnt. "Regentropfchen kommt und kommt auf meinen Kopf und Tannenbaum fällt auf meinen Opa drauf."

In der letzte Woche hatte sie eine große Traurigkeit und die Frau konnte in dem Moment das nicht tragen, also ging ich zu ihnen, schnappte mir die zweite Tochter - und sie lies es zu. Wir schmusten lange und ich wiegte sie in meinen Armen. Nach einer Weile hörte das Wimmern und Schluchzen auf. Trotzdem hielt ich sie noch eine ganze Weile und dann irgendwann später war es so gut, so dass sie gehen konnte. Dann kam sie aber nochmal zu mir zurück und sagte: „Papa, das Weinen war schön mit dir.“
Ja, dann war nun ich unheimlich gerührt und mir war sehr zum weinen zu mute.

Was die Zweieinhalbjährige auch sonst so von sich gibt, erstaunt mich immer wieder. Sie hat ihre fiese Pilzinfektion im Mund nun fast überstanden. Die Frau jedoch war dazu übergegangen, das Pilzmittel zwangsweise zu verabreichen. Ich bin froh, dass sie dies übernimmt. Ich bringe die zweite Tochter ins Bett und die Medikamentengabe liegt schon eine Weile zurück, wir sprachen aber davon, ob wir es noch zu geben hätten, oder nicht. Ich liege also neben dem Kind im Bett und da merke ich, dass das sie traurig ist und nach einer Weile auch tatsächlich anfängt, zu wimmern. Ich frage sie, was denn los sei. Ihre Antwort: "Blöde Mama! Will Medizin nicht nehmen."

Fünf Tage haben wir noch eine Haushaltshilfe in Form meines Bruders. Nach nun fast vier Wochen will er aber weiter in die Schweiz. Dafür sind wir dann wieder auf uns allein gestellt und da die Frau ab Mittwoch für eine Woche zur Kur fährt, haben wir mal wirklich einen Vater-Töchter-Haushalt für einige Tage. Davon werde ich vielleicht in der kommenden Woche berichten. Im Moment haben wir hier im Haus ein Aschenbrödel, eine Prinzessin und einen alten Piratenvater.

So denn, eine gute Woche wünscht euch
euer Herr Gaigals

Kommentar zu diesem Beitrag schreiben:

Name, Ort:
Mein Kommentar:

Kommentare von Lesern:

 
Gerd, Norddeutschland:
12.02.2013 18:11
Ach, was finde ich mich bei Dir wieder. Medizin nehmen - ein Kampf! Aufs Klo gehen - ein Weltkrieg! Alles grau und scheiße! Am letzten Sonntag was es soweit, dass ich am liebsten weggefahren und nie wieder gekommen wäre. Und jetzt - alles wieder okay. Es gibt einfach Tage wie ein Griff ins Klo.....

Tagebuch Herr Gaigals

Herr Gaigals
Alter: 36
Wohnort: bei Dresden
Beruf: Krankenpfleger und zukünftig Lehrer
Familienstand: verheiratet
Geburtstag Kind: 2 Töchter, 5 und 2 Jahre
Letzter Eintrag: 30.09.2013

Alle beendete Väter-Tagebücher lesen   Alle beendete Väter-Tagebücher
Tagebuch lesen  21. Woche
Ohrenstöpsel und Schrei nach Liebe