Späte Väter
Früher Vater - später Vater
Einmal abgesehen von den gesundheitlichen Aspekten - wie geht es einem als späten Vater mit seiner Rolle? Stimmen die Vorurteile, dass man für den Opa gehalten, belächelt oder als unverantwortlich abgestempelt wird? Aus meiner mittlerweile 17-monatigen Erfahrung kann ich sagen: nein, sie stimmen nicht. Denn ich gehöre sowohl zu den frühen und zu den späten Vätern. Als meine Tochter zu Welt kam, war ich 25, bei meinem Sohn 50. Ich kenne also beide Arten der Vaterschaft.
No Schlaf, no sports
Mit 50 denke ich mehr nach, über das Leben, die Zukunft. Kann ich mit meinem Sohn noch Fußballspielen wenn er 20 ist? Dann bin ich bereits ein Pensionist mit 70 Jahren - oder wird er sich für mich schämen, weil ich mit dem Rollator im Zuschauerbereich stehe? Was denken die Leute, wenn ich mit dem Kinderwagen vorbeischiebe? Halten sie mich für einen alten Idioten, weil ich, anstatt es mir gut gehen zu lassen, einen Kinderwagen schiebe und Windeln wechsele? Auch viele Freunde gaben mir diesen Rat, es mir "gut gehen zu lassen". Aber was bedeutet das eigentlich? Für die einen heißt es, mit einem guten Buch in einer Hängematte zu schaukeln, für die anderen mit einem Fallschirm aus einem Flugzeug zu springen. Ich bin eher der "Springer-Typ", Untätigkeit macht mich lethargisch.
Eltern- statt Motorradzeitschriften
Als Vater mit 50 habe ich mit meinen Mitmenschen keine Probleme. Ich werde behandelt wie andere, wie jüngere Väter auch. Keiner bietet mir in der U-Bahn einen Sitzplatz an, wenn ich neben dem Kinderwagen stehe, keiner lässt mich vor, wenn ich ermattet über eine Stunde beim Kinderarzt warte. Der 25-jährige Vater eines Tagesmutter-Kollegen meines Sohnes duzt mich und plaudert locker mit mir über den Baby-Alltag. Das ist erfrischend.
Die einzigen Schwierigkeiten gab es zu Beginn nur mit meiner Familie. "Mit 50 noch einmal Vater werden, du bist verrückt", waren noch die mildesten Reaktionen. "Okay, ich schreibe das auf", war meine Antwort. "Kommt alles in mein Buch ‚Vater mit 50’". Mein Sohn soll später auch etwas zu lachen haben, nicht, dass die eine oder andere Anekdote verloren geht. Wird man mit 50 vielleicht ein wenig rachsüchtig? Eines hab ich mir jedoch mit 50 bewahrt: das Kind im Manne. So liebe ich es, auf einem Grashalm zu pfeifen, Baumhäuser oder Drachen zu bauen und ich kann es kaum erwarten, bis mein Sohn alt genug für eine Carrera-Autobahn ist. Ich freue mich auf unzählige glückliche Momente die ich noch mit ihm noch erleben darf. So gesehen habe ich den Rat meiner Freunde befolgt, ich lasse es mir gut gehen.
Wilhelm Bauer



