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10.12.2012 12. Woche
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Die Milch ist sauer

Von den Dresdner Weihnachtsmärkten, Besuch und langsamer Genesung
Daher machen wir Crêpes daraus. Das ist für alle ein großer Spaß und es gibt sie in zwei verschiedenen Varianten: herzhaft mit Spinat und Käse gefüllt oder süß mit Apfelmus und Honig. Die Platte gab es von den Schwiegereltern und sie wird bei uns ausgiebig genutzt. Ich mag gerne die flambierte Version mit Orangenmarmelade und Cointreau - einfach lecker, aber nicht immer vorrätig.

Es ist doch immer wieder erstaunlich, welche Synergien zwei Kinder auf einmal so entwickeln. Nach dem Schwimmkurs ist die erste Tochter auch an dem vergangenen Wochenende wieder bei den Schwiegereltern geblieben. So war ich mit der Frau und der zweiten Tochter allein zu Hause, bis wir Besuch von meinem Cousin bekamen. Ein Kind und ein sympatischer Besuch und es breitet sich im Haus eine große Entspannung und Ruhe aus. Kommt dann das zweite Kind dazu, ist eine Anspannung zu merken, die sich auch im Ton der Frau wieder spiegelt. Dann versuche ich noch gute Tipps dazu zu geben, und schon sind alle angespannt.

Mir gefällt es, wenn die zweite Tochter "Fütter mich, fütter mich!" singt und von Erwachsenen zu Erwachsenen geht. Die erste Tochter kennt schöne Tischsprüche aus dem Kindergarten, zum Beispiel: "Die Piraten sind lang umhergereist und haben nur arm und einsam gespeist. Doch da ein Schiff am Horizont, was langsam näher kommt. Heiohei, es kommt direkt von der Bäckerei. Da lassen die Piraten das Rauben sein und laden die andern zum Essen ein." Sie lernt auch herrlichen Quatsch, wie: "Oh Tannenbaum, oh Tannenbaum, der Opa sitzt im Badeschaum." Oder aber auch: Oh Tannenbaum, oh Tannenbaum, der Opa sitzt im Kofferraum. Die Oma schlägt die Türe zu, der Opa ruft: 'Du blöde Kuh!'" und sowas merkt sich dann die zweite Tochter auch direkt und singt laut: "Oh Tannenbaum, oh Tannenbaum, Opa popo Badechaum!" K und Zischlaute sind nach wie vor nicht direkt in ihrem Sprachgebrauch vorhaben, auch wenn sie "Ka" sagen kann.

Beim Besuch meines Cousins ging mir wieder auf, wie angepasst Kind und Eltern so sind. Ich verstehe (fast) alles, was sie sagt und für meinen Cousin war es nur Gebrabbel. Doch zum Ende des Besuchs hatte auch er sich eingehört und verstand deutlich mehr, als noch zu Beginn. Beide Kinder haben von mir das Quassel-Gen geerbt. Die zweite Tochter redet und singt ohne Unterlass und die erste Tochter hat auch immer was zu berichten. Wir haben ein Reim-Memory, bei dem man nicht gleiche Bilder finden muss, sondern das Bild mit dem sich zum ersten reimenden Begriff. Z.B. "Turm und Wurm". Wir haben es zweimal gespielt und die erste Tochter hat große Freude daran und kennt die Paare auswendig. Die zweite Tochter sammelt einfach so die Karten ein und sagt, was auf den Bildern zu sehen ist - und sie kennt jedes einzelne. Das mit dem Reimen versteht sie noch nicht, doch hat sie großen Spaß, die Begriffe aufzuzählen.

Die Frau geht jetzt mit den Kindern Rodeln. Gestern wurde uns der Schlitten geliefert und nun kann es losgehen. Es schneite und schneite gestern den ganzen Tag. Dabei über den Striezelmarkt laufen und die Weihnachtsatmosphäre zu genießen ist unglaublich schön. Ich mag das sehr und ich finde Weihnachtsmärkte sind sehr gut dazu geeignet, einen auf Weihnachten einzustimmen. In den vergangenen Jahren kam mir Weihnachten und das ganze kommerzielle Gedöns drumherum immer zu plötzlich und zu aufgesetzt. Dementsprechend feierten wir immer einen Einstimmungsabend, an dem es eine weihnachtlich geschmückte Wohnung, Glühwein und Feuerzangenbowle und Weihnachtsmusik bis zum Abwinken gab.

Mit den Kindern hat sich meine Einstellung zu der Zauberwelt da draußen doch irgendwie geändert. Ich mag es hier in Dresden nicht so sehr, welche massigen Touristenströme sich so über die Märkte ergießen und ich dann mit dem Kinderwagen da nicht mehr durchkomme (selber Schuld, wenn ich einen Wagen benutzte, auf dem Rücken mit dem Kinde, würde es ohne Probleme in der Masse der Leute gehen und das Kindlein würde nicht nur auf der "Hinternebene" durch die Massen geschoben werden). Doch ist es einfach sehr schön zu beobachten, welche Entwicklung die Märkte genommen haben und eben sich tatsächlich in Richtung Zauberland entwickelt haben. Die Reaktion der Kinder zeigt mir auch, dass es einfach wundervoll ist.

Die Reizüberflutung ist manchmal doch etwas arg und wir brauchen alle etwas Zeit, nach einem Weihnachtsmarktbesuch wieder runter zu kommen. Doch haben wir hier in Dresden gleich sechs verschiedene Weihnachtsmärkte in der Innenstadt, alle von uns aus zu Fuß bequem erreichbar. Als da wäre der Augustusmarkt auf dem Neustädter Markt, direkt zu Füßen August des Starken in Form des Goldenen Reiters. Das ist in diesem Jahr einem barocken Lust-Feldlager nachempfundene Zeltstadt, die unheimlich schön geschmückt wurde und vor Lichtern nur so blinkt und glitzert. Ohne Schnee sah es etwas seltsam aus, doch im kühlen Weiß ist es einfach wunderhübsch.

Dann gibt es den mittelalterlichen Weihnachtsmarkt im Stallhof, der mir mit dem neuen Betreiber nicht mehr ganz so gut gefällt, wie vor dem großen Brand vor ein paar Jahren. Doch haben sie in diesem Jahr noch mehr und sonst untypische Schauhandwerker auf dem Markt und so bekommt das Ganze doch einen sehr mittelalterlichen Flair und ich bin fast wieder versöhnt. Diesen Markt lieben die Kinder ganz besonders. Doch kann man leider nur unterhalb der Woche dahin, weil am Wochenende zu den saftigen Marktpreisen ein nettes Eintrittsgeld hinzu kommt. Vom Mittelalter kann man direkt zur Kaiserzeit gehen. Der "Advent auf dem Neumarkt" an der Frauenkirche ist ein historischer Markt wie vor 120 Jahren und mein persönlicher Favorit. Hier wird Handwerk lebendig und der Eierpunsch ist der beste, den es überhaupt gibt. Es gibt heiße Schokolade, die ihrem Namen auch gerecht wird - zum Trinken oder Löffeln. Und an der hübschen Krippe sogar eine ganze Schaf-Familie.

Dann kommt der Besuch auf dem Striezelmarkt. Er ist mit dem Nürnberger der älteste Weihnachtsmarkt Deutschlands und auch einer der berühmtesten. Um so mehr war ich enttäuscht, als ich ihn vor neun Jahren zum ersten Mal besuchte: lauter eintönige Hütten standen in Reih und Glied und es war ein unpersönlicher komsumorientierter Markt, der darauf ausgelegt war, Massen abzufertigen. Vor drei Jahren wurde das Konzept grundlegend überarbeitet und bis auf den begehbaren Schwibbogen, der seinen Namen nicht verdient, ist es ein richtiger märchenhafter Weihnachtsmarkt geworden. Hier gibt es historische Karussels, mit Pferden, die sich an den Stangen auf und ab bewegen, ein kleines niedliches Riesenrad, dass sich unheimlich schnell dreht - mit garantiertem Bauchkitzeleffekt, jede Hütte hat eine andere Verzierung, sie sehen alle unterschiedlich aus und es gibt Gassen und Winkel, durch die man auf Entdeckungsreise gehen kann. Da hat jemand meine Kritik am alten Striezelmarkt geahnt und meine Verbesserungsvorschläge auch gleich mal mit umgesetzt. ;-)

Dann gibt es noch zwei Weihnachtsmärkte, die ich weniger oft besuche: der romantische am Schloss und der Hüttenzauber auf dem Postplatz. Dabei fanden wir gerade auf dem romantischen die Pyramide, wie sie sich mein Cousin für seine Freundin vorstellte. Diese hat morgen Geburtstag und bekommt als Ersatz für die alte, die leider nicht mehr funktioniert, eine neue - original erzgebirgische Holzschnitzkunst von einem Dresdner Weihnachtsmarkt - was will man mehr? Wir sind fast alle Weihnachtsmärkte abgelaufen, und haben verglichen, bis wir am letzten Stand fündig worden. Hätte ich mir nicht vorstellen können, dass es dabei solche preislichen und qualitativen Unterschiede gibt. Der letzte Weihnachtsmarkt in der Innenstadt, die Dresdner Winterlicher in der Prager Straße bis hin zum Hauptbahnhof, werden von mir nur wahrgenommen, wenn ich mal mit dem Zug vom Hauptbahnhof fahren muss. Schade finde ich, dass die Weihnachtsmärkte alle so früh schließen. Zumindest am Wochenende könnten sie von mir aus auch bis 23 Uhr offen haben oder auch darüber hinaus. 21 Uhr Zapfenstreich auf dem Striezelmakrt finde ich arg früh.

Ja und dann gibt es noch in Dresden d a s Adventsspektakel: 1000 Funkel die Funkelstadt. Das ist ein Weihnachtsmarkt mit viel Schaustellerei und einfach eine zum Leben erweckte Zauberwelt. An jeder Ecke gibt es etwas Wundervolles zu entdecken und in den Zelten sind Märchen und Kinderträume - auch von großen Kindern - lebendig geworden. Also so etwas Wunderbares, habe ich mir immer mal gewünscht, erleben zu dürfen. In diesem Jahr steht ein Besuch noch aus, aber er ist fest geplant. Der Eintritt ist meines Erachtens ein wenig happig, aber bei dem Aufwand, der da betrieben wird, auch irgendwo nachvollziehbar. Die erste Tochter hatte sich so viel vom letzten Jahr gemerkt, was dort alles zu erleben war, dass sie schon ganz aus dem Häuschen ist und sich sehr auf den diesjährigen Besuch freut.

Ansonsten gibt es von uns als Familie zu berichten, dass wir stolz sind, das Rennen um das Futterhaus in diesem Jahr gewonnen zu haben. Unser Meisenfutterhaus war in den letzten Jahren immer verwaist und es kamen keine Vögelchen zum Gucken vorbei. Unsere Nachbarn hingegen berichteten von einem regen Flugverkehr an ihrem Haus. Den sicherten sie sich damit, dass sie nicht erst bei Frost mit dem Füttern beginnen, sondern auch schon vorher. In diesem Jahr sah ich, dass einige Meisen unser Vogelhäuschen inspizieren kamen, als die Temperaturen anzogen. Daher legte ich olle Nüsse mit Wurm oder Schimmel hinein und auch ein paar wenige Sonnenblumenkerne. Nix zum Sattwerden, aber was zum Merken. Und das taten sie tatsächlich. Jetzt haben wir hier ein reges Treiben von vier Meisen und heute schaute auch ein kleiner Buntspecht vorbei.

Gesundheitlich ist die Frau mit ihrem Ikterus nach wie vor beschäftigt und die erste Tochter immernoch so erkältet, dass sie nicht in den Kindergarten geht. Bei mir hat die Wintermüdigkeit stark eingesetzt - ich könnte den ganzen Tag schlafen, nur die zweite Tochter ist fit und fröhlich und singt den ganzen Tag. Jetzt sind alle beim Rodeln und ich genieße die Ruhe und ende heute mit winterlichen Grüßen

Euer Herr Gaigals

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Kommentare von Lesern:

 
Yvonne, Berlin:
10.12.2012 19:28
Wow, hast du dir mal überlegt, Reiseführer zu werden ;-)? Du bist ja ein echter Profi, was die Weihnachtsmärkte angeht...!

Tagebuch Herr Gaigals

Herr Gaigals
Alter: 36
Wohnort: bei Dresden
Beruf: Krankenpfleger und zukünftig Lehrer
Familienstand: verheiratet
Geburtstag Kind: 2 Töchter, 5 und 2 Jahre
Letzter Eintrag: 30.09.2013

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