03.06.2013
37. Woche
Here comes the sun ...
Vom Kindertag, Gefühlsseminaren und der Königsfamilie
Im Moment bin ich unheimlich glücklich mit (fast) allem, was so um mich herum passiert. Ich kann so viel lernen und habe liebe Menschen zur Seite, die mich in diesem Prozess begleiten, unterstützen und mit Rat und Tat zur Seite stehen. Dafür will ich hier an dieser Stelle mal danke sagen: Danke!
Neme ich zum Beispiel mal das Thema Gewaltfrie Kommunikation (GFK) nach Rosenberg. Er selbst schreibt, wie wichtig das Interesse hinter den eigenen Worten ist und das ehrliche Bemühen, das Gegenüber zu verstehen. Dann kommen die vier Schritte: Beobachtung wiedergeben, Ich-Botschaft, was das in mir auslöst, Bitte formulieren, was anders laufen könnte und welche Hoffnung damit verbunden ist. Ich hoffe, ich habe alles dabei.
Und dann kommt das Problem dabei heraus: das ist alles Theorie und wie setze ich das nun in die Praxis um? Wie kann ich das direkt anwenden? Wenn ich zum Beispiel in einer anstrengenden Situation bin, reagiert mein ganzer Körper. In mir sind alle Emotionen vohanden, ich habe angetriggerte Spiegelneuronen, die mir die Gefühle von den anderen mitteilen und in mir deren Gefühle auslösen und dann soll ich nochmal was machen? Nicht reagieren, sondern agieren. Handeln. Das hat was mit dem Kopf zu tun, es geht um ein "wie" und nicht um ein "was".
Das ist mir zu selten möglich. Am Wochenende hatte ich aber genau so ein Erlebnis, in dem mal die Theorie die Grundlage für die Praxis war und es sich alles so umsetzen lies, wie ich es gerne möchte undes führte eben zu genau dem gewünschten Ergebnis. Dazu aber später mehr.
Carl Rogers und Thomas Gordon haben ja auch Ansätze, die in Richtung Rosenberg gehen - wer da nun wen beeinflusste, weiß ich nicht, aber sie sind Geschwister in den Theorien. Rogers sagt, um die klientenzentrierte Gesprächsführung machen zu können, sollte man als Spiegel fungieren und eben die Gefühle, Einstellungen und Äußerungen des Gegenübers an der eigenen glatten Fläche spiegelnd zurückgeben, auf dass das Gegenüber selbst in sich die Lösung finden kann. Das mag im professionellen Umfeld möglich sein. Für den involvierten privaten Gebrauch empfinde ich sowas als sehr kompliziert, weil ich eben keine glatte Fläche im Zusammenleben mit den anderen bin.
Solche Voraussetzungen können eben leider manchmal auch fehlen und dann ist das Bemühen, etwas zu tun oft zum Scheitern verurteilt oder bewirkt manchmal auch das Gegenteil. So wie ich es erlebte, bei einem der in GFK sich üben will und dem es an dem wirklichen Interesse am Anderen fehlt, der kann damit verletzten und das beigegebene Regelarium zur GFK auch noch gegen den Partner wenden. Sowas im familiären Umfeld ist unheimlich anstrengend. Doch wenn es mal funktioniert, dann ist es auch wirklich schön, wie schon geschrieben, am Wochenende funzte es. Und zwar so:
Die Frau war mit dem übermüdeten zweiten Kinde auf dem Hof, wo sich die Kinder mit bunter Kriegsbemalung schmückten. Bedingt durch die Übermüdung konnte die zweite Tochter mit einer Rückweisung nur sehr schwer umgehen und brach in lautes Wehrverhalten aus, was wiederum die Frau nicht leiden mochte und das Kind nun zu mir trug, der ich auf dem Dachboden schlief und versuchte der Übermüdung der letzten Woche Herr zu werden. Mit Katze auf dem Bauch und Buch auf der Brust lag ich da und wurde durch das Schreien auf dem Hof langsam wach, als auch schon die Frau mit dem Kind im Zimmer stand und letzteres dort abgesetzt wurde. Im Dusel und Halbschlaf noch, wollte ich mich der Situation eigentlich nicht stellen und aufstehen, um das Kind zu trösten wollte ich auch nicht.
Vor ein paar Wochen hatte ich ein Seminar zum Umgang mit den Gefühlen besucht, auf dem der Unterschied des mit fremden Gefühlen konfrontiert werdens (Gefühle strahlen uns an, die Spiegelneuronen lassen uns die Gefühle nachempfinden) zu dem Fakt, eigene Gefühle selbst zu empfinden, geübt wurde. Und da ich im Halbschlaf noch nicht in der Lage war zu reagieren, weil meine Gefühlswelt noch im Schlummer war, spürte ich deutlich, dass das Kindlein nicht traurig, sondern wütend war. Seine vorherrschende Emotion war Wut.
Und das sagte ich dem Kind auch, dass ich seine Wut deutlich spüren könne und warum es denn nun wütend sei. Ich verstand die Antwort nicht, was ich ihr auch sagte - dazu war sie viel zu wütend. Ich konnte all die Kraft der Wut in meine Stimme legen und ihr sagen, dass ich ganz genau spüre, wie wütend sie sei. Im Seminar hatten wir auch teilweise gespürt, wie wohltuend Gefühle sein könnnen, wenn sie liebend angenommen und energetisiert werden. So konnte ich in dem Moment, weiterhin auf dem Bett liegend mit der Katze auf dem Bauch, die wohlig schnurrte, die Gefühle der zweiten Tochter mitfühlen und dann noch beatmen und mit Energie beleben. Dadurch finden die Gefühle zu höheren, klareren Strukturen.
Klingt alles etwas komisch, funktionierte aber wunderbar. Im Studium hatte ich mal ein Seminar zur praktischen Lebensphilosophie besucht. Der Dozent sagte, dass in allen Dingen Ordnung entstünde. Auch wenn das Chaos herrsche, so würde Ordnung in diesem entstehen, denn das ist die höherwertigere Struktur und alles strebe zum Licht. Als Beispiel kochendes Wasser, dass im Beginn des Kochprozessen wild und chaotisch blubbert, aber bei konsequenter weiteren Energiezufuhr wunderbare regelmäßige Strukturen aufweise, oder Staub auf dem Boden sammelt sich in den Ecken und klumpt sich dort zu Strukturen zusammen, was auch eine Form von Ordnung darstellt.
Jedenfalls die Wut der Tochter mitfühlend annehmen gab ihr die Möglichkeit, diese zu erleben und sie auch gehen lassen zu können. Also war sie nach einer kleinen Weile nicht mehr wütend und konnte sagen, was passiert war. Da merkte ich deutlich, wie sehr traurig sie darüber war, nicht mit der Farbe angemalt worden zu sein, die sie sich noch zusätzlich wünschte. Also redete ich mit ihr über ihre Traurigkeit und schon wurde die Traurigkeit weniger, aber die Wut, von den anderen nicht so behandelt zu werden, wie gewünscht, war wieder da.
Als wir also wieder über die Wut mit ihren neuen Aspekten uns austauschten, war deutlich zu spüren, dass da noch was war. Es war Eifersucht. Die erste Tochter hatte in den Augen der zweiten das bekommen, was sie sich wünschte - und das war sehr schlimm für sie. Also wurde auch die Eifersucht thematisiert - einmal in diesem Prozess drin, konnten wir immer schneller uns den einzelnen Gefühlen widmen. Trotzdem bekam jedes seine ihm gebührende Aufmerksamkeit und Achtung und liebevolle Annahme. Und so wurde das Kind verstanden und mit seinen Gefühlen gesehen und danach war alles gut. Kein trösten, kein in den Arm nehmen - sie stand auf, sprach noch kurz mit mir darüber, wie sie das alles sah und dann war alles gut. Ich durfte ihr die Tränen abwischen - dabei legte sie großen Wert auf den Erhalt der Farbe im Gesicht und dann wendete sie sich anderen Themen und Erlebnissen zu.
Und mir ging es in der Zwischenzeit auch gut. Ich musste nicht reagieren, konnte die ganze Zeit agieren und musste mich mit meinen Gefühlen nicht mit reinziehen lassen, sondern konnte mit dem Kind mitschwingen und so auch mitfühlen.
Am Sonnabend war Kindertag und bei uns im Flur wartete ein riesiges Paket von den Schwiegereltern. In solchen Situationen stellt sich manchmal die Frage, was zu tun sei. Als wir noch in Sachsen wohnten, konnten wir oft genau erleben, wie meine Eltern die Kinder mit Paketen erfreuten, deren Inhalte sich nicht mit den pädagogischen Einstellungen von uns Eltern deckten. Was mich wunderte, machte ich doch keinen Hehl aus meinen Wünschen.
Ich mag es gerne, wenn im Konsum der Nachhaltigkeitsgedanke eine Rolle spielt. Wenn die Dinge, die verschenkt werden, auch gesund und lecker sind und dann eben auch aus einer Produktion kommen, mit der wir die Welt bestellen und erhalten können. Aber vielleicht rede ich auch zu wenig mit den mir nächsten Verwandten. Ich liebe so sehr natürliche Materialien, die auch noch die Fantasie anregen und die schon alleine beim Anfassen die Verbundenheit mit dem Leben ausdrücken, die uns Menschen so wichtig ist, aber viel zu wenig beachtet wird. Und ich liebe es, wenn Kinder die an sie geschickten Pakete selbst auspacken dürfen. So konnten die Töchter ein Riesenpaket öffnen, mit dessen Inhalt wir positiv überrascht wurden.
Es gab eine Seilschaukel und ein Kletterseil, was an den Kirschbaum im Garten gehängt werden konnte und es gab Vollkorn-ABC-Kekse und aus Holz ein Wurfspiel mit kleinen Zwergen, denen die Seilringe übergeworfen werden. Die Kinder waren so glücklich und freuten sich und wir Eltern konnten uns mit ihnen freuen. Bis - ja bis wir den Kindern unser (!) Geschenk übergaben. Der Bruder hatte den Auftrag, die Angebotsschubkarre aus dem Baumarkt mitzubringen. Diese war aus Metall und bunt und wunderhübsch.
Er sagte aber schon, dass er eine günstigere gefunden hätte, auf der Bosch stehen würde. Da der Robert sich dazumal dafür einsetzte, dass die Gesellschaft von den Früchten seiner Arbeit profitiere und die Gewinne des Unternehmens in die Stiftung einfließen, die sich gerade auf dem Sektor Gesundheit, Pflege und Bildung stark machen, bin ich voll und ganz dafür, Sachen von denen zu kaufen.
Nur packten an diesem Tag die Kinder eine PLASTE-Schubkarre aus. Bäh. Und das vom Tischler gekauft. Dinge auf Erdölbasis sind überhaupt nicht mein Fall. Da stimmt nix mit dem Nachhaltigkeitsgedanken überein. Und weil nicht alles über einen Kamm geschoren werden kann, muss ich hier an dieser Stelle einräumen, dass wenn Plastespielzeug verschenkt wird, ich daran unheimlich hohe Anforderungen habe, die in diesem Fall nicht erfüllt wurden.
Aber die Kinder waren glücklich. Sie schoben auch gleich mit Sand gefüllte Schubkarren durch die Gegend und verteilten den Sandkastensand auf der Wiese auf dem Hof. Da musste ich dann doch nochmal nachdenken: wer hatte eigentlich die Idee, den Kindern eine Schubkarre zu schenken?
Das Wochenende war wieder viel zu kurz. Sowohl für die Kinder, als auch für mich und vielleicht auch für die Frau. Jedenfalls hatten wir zwei großen Menschen in der Familie viel zu wenig Zeit, um miteinander zu plaudern. Und ich hatte viel zu wenig Zeit, um mit den Kinder so ausgiebig zu toben, wie wir es brauchen. Und ich hatte viel zu wenig Zeit, um mich so zu erholen, wie ich es gerne machen würde und Zeit für das Vorrichten hatte ich auch kaum.
Es ist so schön, wenn ich nach Hause komme und mir die Kinder fröhlich idealtypisch entgegengelaufen kommen und "Papi, Papi, Papi!!!" rufen und mich anspringen und mir um den Hals fallen. Und wenn ich dann die zweite Tochter auf dem Arm zum Haus trage und sie sich an mich schmiegt und mich fragt: "Papi, trägst du mich?" und ich ihr antworte: "Na, das merkst du doch." und sie dann sagt: "Ja, du trägst mich. Weil du ein starker Mann bist." - dann frage ich mich, was gibt es Schöneres? :)
Das Kaninchen hat sieben Junge. Das ist eine ganze Menge und die sind jetzt schon so groß, dass sie in dem offenen Nest gut zu sehen sind. Welch Freude für die Kinder. Die zweite Tochter lief am Wochenende mehrfach durch das Haus, ihr "Lieblilied" aus dem Kindergarten singend: "Juhu, die Suse hat Kinder!, Juhu, die Suse hat Kinder, juhu...." und wenn sie die Frau nicht findet, dann läuft das Kind auch schonmal laut rufend durch das Haus und über das Grundstück: "Mutter! Meine Mutter!!! Wo bist du??? Mutter!!!"
Die Einstellung der zweiten Tochter hat sich zu sich selbst auch etwas geändert. Sie zieht jetzt auch gerne rosa an, denn das ist ihre "Lieblifarbe" und so schmücken sich auch wohl die Prinzessinnen. Denn sie ist kein Junge mehr, sondern eine richtige Prinzessin. Mit einer Königin als Mutter und einem König als Papa: "Mami, du bist die Königin. Du bist die beste Mutter. Und das da ist der König. Das ist der beste Papa." Ja, das war der Spruch zum Sonntagsfrühstück. Da weiß ich jetzt bescheid und ihr auch.
Eine schöne Woche wünscht
Herr Gaigals
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