väterzeit.de - Vater sein, Mann bleiben

21.05.2013 35. Woche
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Der Lauscher an der Wand...

Von Ferien, Besuch und vorgenommenen Aufgaben
... hört die eigne Schand? Nicht immer. Manchmal kann es auch genau andersrum passend sein: in der vergangenen Woche Pfingstferien in Sachsen-Anhalt hatten wir Freunde mit ihren beiden Kindern, einem Jungen und einem Mädchen, zu Besuch. Beide Kinder sind jeweils nur einen Tick jünger als unsere Töchter. Obwohl mir versucht wurde, Freizeit zu ermöglichen, habe ich in der Ferienwoche mich eher erholt, als dass ich liegengebliebene Sachen nachgearbeitet oder sogar schon Unterricht und ähnliches vorgearbeitet hätte. Es waren sehr schöne und wirklich erholsame Tage, die ich auch wieder mit der Familie genoss und sie mit mir. 

Jedenfalls die Erstgeborenen laufen durch den Flur und beratschlagen derweil ich am Schreibtisch sitze:

"Komm, lass uns deine Mama fragen, meine hat ja 'Nein' gesagt."

"Ja, gute Idee. Wir können aber auch erst mal meinen Papa fragen, der ist ja gleich oben." - und in Hörweite. Hähä.

Eine andere Gelegenheit, ich schraube am Geländer rum und die beiden Ältesten kommen die Treppe hoch und unterhalten sich über das, was sie erlebten und was sie planen, noch zu tun. Ich sitze gut sichtbar da, halte aber still, als die Kinder auf mich zugelaufen kommen. Sie konzentrierten sich aber nur auf die Treppe und übersahen mich neben sich. Es wurde auch über meckernde Eltern debattiert - ich wurde in diesem Rahmen allerdings nicht erwähnt.

Und nachdem die beiden oben in ihrem Schlafquartier auf dem Spitzboden sich ihre Sachen geholt hatten, die sie holen wollten, kamen sie wieder runter. Auch in diesem Moment wollten sie an mir vorbei und ich wäre unentdeckt geblieben, hätte die Tochter nicht hochgeschaut, weil ihr etwas komisch vorkam. Als sie mich sah, bekam sie einen riesen Schreck und musste so sehr lachen, dass sie fast die Treppe runtergepurzelt wäre. Beide Kinder bekamen sich kaum ein und als Krönung wurde die zweite Tochter geholt, sie möge doch auch jetzt diese Erfahrung machen. Sie spazierte allerdings die Treppe hoch, blickte sich zu mir um und strahlte mich an. Für sie gab es keinen so heftigen Erkenntnismoment. 

Toll finde ich, dass die beiden älteren Kinder jetzt in einem Alter sind, in dem sie auch viel über das sich gegenseitig Erzählen regeln. Ihr Quartier ist der Spitzboden. In der ersten Nacht sollte noch wer bei ihnen schlafen. In der zweiten Nacht wollten sie für sich alleine sein. Auch das ins Bett bringen funktioniert ziemlich unproblematisch: Kinder bettfertig nach oben bringen, Geschichte vorlesen (oder nicht, wenn es zu spät ist) und dann Licht aus und Feierabend. Zum sich gegenseitig in den Schlaf reden haben die beiden ja sich ;)

An einem der Tage saßen die zwei auf dem Dachboden mehrere Stunden, taten nichts weiter (kein Malen, Basteln, Buch angucken, Puppenspielen...) und unterhielten sich. Dabei kam das Licht durch das Giebelfenster rein und draußen fiel ein leichter Landregen herunter und trommelte fein auf das Dach. Ich fand das sehr romantisch und bullerbüresk.

Die zweite Tochter genießt so sehr die Zeit mit mir. Sie schmust in einem Fort und ich soll sie doch bitte überall mit hinnehmen. Am Sonntag waren wir den frischen Spargel vom Bauern aus dem Nachbardorf holen gefahren - mit dem Rad. Das ist eine kleine Sensation hier für die Landleute. Dabei bietet sich bei den kurzen Wegen zwischen den Dörfern das Rad doch geradezu an. Aber es gibt eben auch die Leute, die das Auto nur deshalb benutzen, weil es da ist. Auch den Zug wirklich zu nutzen, fällt den Menschen kaum ein. Das wundert mich sehr. In der Stadt vermissten wir kein Auto, hier ist es ein schöner Luxus, aber eine unabdingbare Notwendigkeit besteht meiner Meinung nach hier im warmen Halbjahr auch nicht. Bei kaltem nassen Wetter mag das anders aussehen und an diese Zeit will ich im Moment noch gar nicht denken. Sollten wir aber, denn sie kommt unausweichlich und dann ist die Frage, wie wir hier heizen und mit den Großeltern zusammen leben können.

Mich wundert es sowieso, wie schnell jetzt alles draußen so geht. Als wenn die Natur das bisher nicht mögliche in einem Eiltempo aufholt. Wir haben gerade die ersten falschen Kapern aus Löwenzahnknospen eingelegt, da sind schon die ersten Pusteblumen fertig. Alles geht so rasend schnell - ich komme da nicht wirklich mit. Und dann gibt es immer wieder die Tage, die nicht wirklich warm sind, an denen ich mir einen langärmeligen Pulli anziehe und Socken an die Füße.

Die zweite Tochter hat große Freude daran, alleine auf die Toilette zu gehen. Sie schickt mich dann auch immer raus und ruft mich kurz darauf wieder rein, dass ihr den Pops abtrockne. Gut macht sich unsere neue Gartendusche, die mit Sonnenenergie auf dem Wasserschlauch für Wärme sorgt. Der Schlauch geht vom Wasserhahn über den Hof, durch die Scheune, durch den Garten und kommt dann in der Dusche an. Das Duschen funktioniert so: warm, heiß, kalt, warm, ganz kalt - bei entsprechendem Wetter durchaus angenehm. Und unter der Dusche kann einem Kind schön der kleine Kackpopo abgebraust werden, wenn es nackig in die Wiese macht. 

Die Jüngste der Freunde hatte am Freitag "in den Schlüpper gekackt", wie unsere zweite Tochter voll schadenfroh und sich glücklich darüber wegschmeißend äußerte. Auch sie konnte fein abgebraust werden.

Vier Kinder auf dem Hof und fünf Erwachsene - es ist einfach schön. Der Nachwuchs ist einfach den ganzen Tag unterwegs und macht dafür auch am Abend noch etwas länger Krach. Nur die jüngeren kommen ab und an mal zum Gucken vorbei und versichern sich, dass die Eltern auch noch für sie da sind. Schmerzlich ist es dann aber, wenn die zwei älteren Kinder alleine zum Spielplatz ziehen und die jüngeren zurück bleiben müssen (weil wir nicht wollen, dass die Verantwortung für Zweijährige bei Sechsjährigen liegt). Aber dafür bin ich für mein Kindlein da und so konnten wir wieder viel schmusen.

Der Junge wollte gerne am Sonnabend bei uns noch bleiben und so wurde alles abgesprochen. Doch weil die Mama schon mal weggefahren war und noch etwas einkaufte und dann wiederkam und nun die Familie sich verabschieden wollte, da war das alles etwas viel und er wollte nun doch mit nach Hause. Dies bereute er aber noch auf der Fahrt, da war die Familie aber schon einiges weit weg. Also wurde geschaut, ob der Wunsch am nächsten Morgen immer noch aktuell sei. Dann wurde telefoniert und überlegt und nun haben wir probeweise drei Kinder - sein Papa brachte ihn gestern mit der Bahn zu dem noch existierenden Bahnhaltepunkt und fuhr eine knappe Stunde später wieder zurück.

Es war eine schöne und bewegte Woche mit vielen Hochs und ansonsten den ganz normalen Erlebnissen des Familienalltags. Schön.


Viele Grüße

euer Herr Gaigals

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Tagebuch Herr Gaigals

Herr Gaigals
Alter: 36
Wohnort: bei Dresden
Beruf: Krankenpfleger und zukünftig Lehrer
Familienstand: verheiratet
Geburtstag Kind: 2 Töchter, 5 und 2 Jahre
Letzter Eintrag: 30.09.2013

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