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Der schnelle Jo


Manche Hausgeburt geschieht unfreiwillig. Insbesondere, wenn Ärztin und Hebamme gestresst sind und die Mutter nicht zugewandt begleiten. Dann wird es schnell dramatisch - gerade für den Vater.

Die Geburt von Jonas bewegt mich immer noch sehr und ist für mich kaum zu begreifen - aber erstmal von Anfang an.

Die Angst der Ärztin

Es war im Januar 2009, wir haben gegen 20:00 Uhr mit unserem Großen im Bett gekuschelt und gemeinsam einen Film angeschaut. Meine Freundin erwähnte, dass sie ein leichtes Ziehen spürt, aber alles wäre im grünen Bereich. Wir schauten gemeinsam den Film bis zum Ende. Als der große Zwerg im Bett lag - er ist 10 Jahre alt - ging sie auf Toilette. Sie hatte plötzlich starken Durchfall und leichte Blutungen, also machten wir uns auf den Weg ins Krankenhaus.

Der Weg ist nicht weit, wir können von unserem Schlafzimmer aus sogar den Kreißsaal sehen. Dort angekommen wurden wir erstmal behandelt wie Aussätzige: die Ärztin hatte Angst, dass meine Freundin unter dem Norovirus leidet, da sie so starken Durchfall hatte. Also mussten wir in einem Nebenzimmer warten, bis die Ergebnisse der Untersuchung da waren. "Oh, sie haben ja morgen ET, dann weiß ich auch, wieso Sie an Durchfall leiden", sagte die Ärztin. Endlich durften wir in den Kreißsaal, der Muttermund war erst 2 cm geöffnet, die Wehen waren "auszuhalten" - das waren die Worte meiner Freundin

Gegen 2:30 Uhr wurde meine Freundin noch mal untersucht. Nichts, immer noch 2 cm. Sie fragte mich, ob ich noch einmal nach Hause möchte, da sich momentan nicht viel tun würde, ich den ganzen Tag gearbeitet hatte und binnen zwei Minuten ja wieder bei ihr sein könnte. Ich war froh darüber, denn ich war total müde und die Kraft würde ich bestimmt noch brauchen.

Gegen 4:30 stand meine Freundin auf einmal bei uns im Schlafzimmer. Ich habe es nicht wirklich registriert, so müde war ich.

"Steh auf, der Kopf kommt!"

Doch dann der Schock: "SCHATZ, aufstehen, schnell, die Fruchtblase ist geplatzt". Jetzt war mir klar, ich hatte nicht geträumt, meine Freundin war tatsächlich zu Hause, ich brauchte erstmal ein paar Sekunden, um das alles zu verstehen, dann wieder: "Schatz, mach was!" Meine erste Antwort war: "Jetzt lass mich erstmal wach werden." Was ich dann zu hören bekam, konnte ich kaum glauben: "Nix wach werden, der KOPF kommt!"
Schneller konnte ich gar nicht aus dem Bett springen, ich war verwirrt und fragte was ich machen soll: "Wollen wir ins Krankenhaus, soll ich den Krankenwagen rufen, wie ist die Nummer???"

Die letzte Frage hätte ich mir schenken können, aber ich war wirklich nicht ganz bei mir und hatte plötzlich auch ziemlich viel Angst.

Meine Freundin watschelte zurück ins Wohnzimmer, kniete sich nackt vor die Couch, während ich den Notarzt anrief. Die Dame am anderen Ende war total relaxt, sie fragte mich, wie oft die Wehen denn kommen. Ich lief ins Wohnzimmer und sah schon den Kopf, das sagte ich der Dame und warf währenddessen viele Handtücher unter meine Freundin.


Tatsächlich dauerte es keine zwei Minuten, bis der Krankenwagen eingetroffen war. Ich lief raus, um die Sanitäter reinzulassen, die beiden waren total entspannt - bis ich ihnen sagte, dass der Kopf schon kommt. Auf einmal wurden die beiden nervös und forderten einen Notarzt an.
Blau angelaufen

Wir liefen schnell rein und was ich dann sah, schockierte mich total: Da lag meine Freundin, immer noch über die Couch gebeugt, unter ihr unser Baby, unser kleiner Junge, er war blau und bewegte sich nicht, er bewegte sich einfach nicht, er schrie nicht, nein, gar nichts - ich war wie gelähmt, eben hatte ich noch geschlafen, kurz telefoniert, war kurz draußen gewesen und plötzlich liegt mein Baby blau vor mir... Ich stand in der Tür und war geschockt - es ist der schönste Moment im Leben eines Paares - und jetzt ist mein Baby nicht mehr am Leben??? Ja, ich hatte Angst - Angst um mein Baby - diesen Anblick werde ich nie mehr vergessen.

Der jüngere Sanitäter drückte sich an mir vorbei, riss den kleinen hoch und dann der erste Schrei, 1000 Steine fielen mir vom Herzen. Unser Baby lebt, es ist alles in Ordnung....

In dem Moment kam unser Großer aus seinem Zimmer, er war auch total müde, aber er setzte sich direkt neben die Mama vor die Couch. Er fragte noch nicht mal, als wenn das alles ganz normal sei. Meine Freundin hatte sich in der Zwischenzeit vor die Couch gesetzt und hielt den kleinen Jonas im Arm. Dann gab sie ihn seinem großen Bruder und ich durfte die Nabelschnur abschneiden. Unser Großer hatte seinen Bruder sogar noch vor mir im Arm, er war total glücklich.

Nach ein paar Minuten kam der Notarzt, schaute kurz nach meinen beiden Schätzen und die beiden wurden ins Krankenhaus gebracht. Jonas kam für eine Stunde in ein Wärmebettchen, während meine Freundin untersucht wurde. Der Große und ich blieben beim Kleinen und so langsam wurde mir klar, was passiert war.

Später erzählte mir meine Freundin, dass die Hebamme sie gegen 4:30 Uhr nach Hause geschickt hat, der Muttermund war zu der Zeit immer noch nur 2 cm geöffnet. Niemand ging davon aus, dass es dann doch so schnell gehen würde. Der Hebamme war es etwas unangenehm und sie entschuldigte sich bei uns.
Der Zeitablauf:

6:20 ich schlafe noch friedlich
6:21 ist die Fruchtblase geplatzt
6:22 ich springe aus dem Bett, bin leicht panisch und greife nach dem Telefon
6:24 Anruf in der Rettungsleitstelle
6:30 schaut der Sanitäter auf die Uhr, da war Jonas aber schon längst geboren.....

So war die Geburt von unserem Jonas. Wir sind froh, dass es ihm gut geht und ich bin total stolz auf meine Freundin und den Kleinen, dass sie die Geburt ganz alleine geschafft haben. Naja, ich war ja auch noch da.

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