väterzeit.de - Vater sein, Mann bleiben

08.08.2011 14. Woche
Schrift vergrößern     Schrift verkleinern

Wenn einem die Decke auf den Kopf fällt

Zwischen "wunderschön" und "extrem deprimierend" / neues altes Spielzeug für unseren Sohn / wenn Möhren glücklich machen.
Shocking Moments

Für den Sonntag Nachmittag hatten wir einen ehemaligen Arbeitskollegen von mir und seine Frau eingeladen. Der Anlass war unser zweiter Kinderautositz, den wir preiswert zusammen mit dem Fahrgestell gebraucht erworben hatten. Den zusätzlichen Sitz haben wir nicht verwendet und zum Rumstehen war er einfach noch zu gut in Schuss, daher wollten wir den Autositz wieder abgeben. Unser Besuch erwartet ebenfalls den ersten Nachwuchs und die beiden kaufen sich gerade die "Erstausstattung" zusammen.

Die "ist der Süß"-Sprüche hörten schlagertig auf, als Piet begonnen hatte, die Aufmerksamkeit wieder auf sich zu ziehen. :)

Mein Ex-Kollege fragte, ob das, was ich hier im Tagebuch schreibe, wirklich so wäre. Also im Fazit, ob Kinder nur anstrengend sind und keinen Spaß machen. Meine Frau erklärte, dass ich hier fürchterlich übertreiben würde.

Nein, tue ich nicht.

Meine Frau ermahnte mich des weiteren, etwas positiver zu schreiben, damit ich andere Menschen, die Eltern werden wollen, nicht vergraule. O.K., ich gelobe Besserung. Es ist ja nicht so, dass ich hier depressiv rumhängen würde und ich alles doof finde, ganz im Gegenteil. Etwas mehr Schlaf würde die Sache aber noch viel besser machen. :)

Am besten passt dazu der Spruch meines Chef zu meinem Abschied in die Elternzeit:

"Guido, du musst immer daran denken, Kinder sind auch schön!"

Der Satz trifft es auf den Punkt, "auch schön". Wenn mein Sohn genug geschlafen hat und ich auch ist die Welt absolut in Ordnung. Leider kommt dies bisher nicht allzu oft vor. Besonders geschockt war mein Bekannter, als er erfuhr, dass ich seit Wochen keine Zeit mehr für ein Computerspiel hatte. Ich habe es vor Müdigkeit allerdings auch nicht wirklich vermisst.

Ich lese etwas mehr als vorher, allerdings mehr Berichte, Blogs und Zeitschriften, beinahe alles online auf dem Tablet-PC. Den halte ich in der rechten Hand, während mein Sohn auf dem linken Arm mit mir kuschelt. Das ist auch schön, sehr schön. Das Fahrradfahren zusammen mit meinem Sohn genieße ich auch sehr. Leider war das Wetter zuletzt ja nicht so toll. Auch die Spaziergänge mit dem Tragesitz sind sehr erholsam, dann pennt Piet meistens. Ich werde demnächst mehr auf die positiven Dinge eingehen, damit hier die Balance zwischen Ying und Yang, oder wie die Beiden heißen, wieder stimmt.

Triple A

Meine Frau und ich waren mit Piet spazieren, da kam uns eine Familie mit einem kleinen Mädchen auf dem Laufrad entgegen. Wir hatten leichten Gegenwind, so dass wir folgende Unterhaltung zwischen Mutter und Tochter gut verstehen konnten:

Mädchen: Guck mal, da ist ein AA-Auto!
Mutter: Ja, das ist ein AA-Auto.

Meine Frau drehte sich zu mir um und fragte: Hast du gerade das Gleiche verstanden wie ich? Hat die Mutter gerade dem Mädchen bestätigt, dass das da vorne ein AA-Auto ist?

Ja, sagte ich. War ja auch logisch, denn der besagte Wagen war kackbraun. Kackbraun darf man übrigens schreiben, es steht sogar im Duden, die Bedeutung ist "häßlich braun". ;)

Man hätte eventuell das Kind aufklären können, das "AA" keine Farbe oder ein Aggregatzustand ist. Was lernen wir daraus? Mein Sohn wird eines Tages zu mir kommen und sagen: "Papa, ich habe mir in die Hose geschissen." Lieber Fäkalsprache, als dass "AA" für Piet eine Farbe ist. Meine Frau sieht das übrigens etwas anders. :)


Eine Möhre der Glückseligkeit

Gestern Abend hat Piet unzufrieden genörgelt, das kommt ja eher selten vor. :)
Wir hatten ja schon gute Erfahrungen mit Beißringen gemacht, aber die sind alle noch ein wenig groß. Daher hatte bisher immer ein kleiner Finger von mir herhalten müssen. Das wurde aber langsam etwas unangenehm. In einem Forum hatte ich mal gelesen, dass eine Karotte auch gut funktionieren würde, besonders, wenn diese aus dem Kühlschrank kommt.

Ich suchte daher eine Möhre in der Größe meines kleinen Fingers aus, schälte sie und gab auf diese Weise Piet etwas kühles zum Draufbeißen. Das funktionierte ausgesprochen gut. Piet gluckste gücklich vor sich hin und maltretierte das kleine Mörchen nach bestem Können. Gut, dass das nicht mein Finger war. Er hatte bestimmt 15 Minuten Spaß damit und war danach wesentlich entspannter. Kleine Dinge, große Wirkung.


Hüttenkoller


Vor einigen Tagen lief die Wiederholung einer Reise-Dokumentation auf "Phoenix", der Titel ist "Durch die Wildnis Amerikas". Ein wirklich gut gemachter Bericht über den Appalachian Trail (AT), den längsten (gekennzeichneten) Wanderweg der Welt. Obwohl ich den Bericht bereits kannte, bekam ich schon beim Ansehen extremes Fernweh.

Auf dem "Trail" geht es darum, sich die Füße wundzulaufen, von Mücken und Zecken gefressen zu werden, sein Essen gegen Bären zu verteidigen und fünf Meter gegen den Wind zu stinken. Eigentlich sind das nicht gerade erstrebenswerte Aussichten. Dennoch hatte ich danach das Gefühl, dass mir zu Hause die Decke auf den Kopf fällt.

Mit diesem Problem bin ich nicht alleine, wie sich nach einer kleinen Recherche herausstellte. Eigentlich meint man ja immer, mir passiert das sicher nicht und so schon gar nicht, ich bin ja ein Mann. :)

"Das erste Elternjahr gleicht einer Berg- und Talfahrt: wunderschön und faszinierend, doch gleichzeitig auch kräftezehrend und manchmal entmutigend. [...] Kurz gesagt, neben diesem unbeschreiblichen Glück, ein Baby zu haben und dieser bedingungslosen reinen Liebe zum Kind schleicht sich bei frisch gebackenen Müttern [und Vätern, die zu Hause bleiben] immer wieder das Gefühl ein, das Leben nicht mehr im Griff zu haben." Ja zum Baby

Wie konnte das passieren? Klar, die sozialen Kontakte von der Arbeit sind praktisch futsch. Die Hälfte unserer Freunde kann mit kleinen Kindern genauso viel anfangen wie ich, bevor ich Vater wurde, also nichts. Die andere Hälfte hat meist schon länger Kinder und somit einen eigenen, erweiterten Freundeskreis oder geht arbeiten. Alle erdenklichen, potentiellen Freizeitaktivitäten für meinen Sohn machen gerade Sommerpause, ebenso meine Tanzschule. Die letzten Tage war schlechtes Wetter und ich war daher besonders wenig unterwegs. Andere, neue Mütter und Väter mit Kindern im gleichen Alter habe ich noch nicht kennengelernt, wie und wo auch.

Als ich noch darüber nachdachte, wie ich bloß aus dieser Situation herauskomme, riefen, wie auf Wunsch, die einzigen Freunde an, die auch gerade wieder ein kleines Kind bekommen haben. Wir verabredeten uns für heute Nachmittag zum Spazierengehen mit den Kids im Naturschutzgebiet und anschließendem sit-in am Rhein.

Schon mal ein guter Anfang. Da mir gestern Abend das Rolloband an der Balkontür gerissen war, plante ich direkt noch am Vormittag eine kleine Fahrradtour zum Baumarkt und einen anschließenden Besuch im Supermarkt.
Heute Morgen machte ich mich mit Piet gegen 9:00 Uhr auf. Wir waren zwei Stunden unterwegs, legten 14 Kilometer zurück und waren gut gelaunt gegen 11:00 Uhr wieder zu Hause.

Die gute Laune schwand leider schnell dahin, als ich begann, mich mit dem Ersetzen des Rollobandes zu beschäftigen. Eine Stunde später hatte ich es vollbracht. Wer das konsturiert hat, sollte auf ewig im Baumarkt den Leuten sagen müssen, wo sie was finden. Unglaublich, hätte man etwas nachgedacht, könnte man das sicher auch so bauen, dass in fünf Minuten alles erledigt wäre. Zum Glück halten die Bänder gut zwanzig Jahre, bis dahin brauchen wir eh auch neue Fenster. ;)

Gegen zwölf war Piets Geduld vorbei, er nörgelte. Wir hangelten uns so durch, bis gegen 14:30 Uhr unsere Freunde kamen. Zuvor brachte noch der Postbote ein Päckchen von Amazon.co.uk, wo ich das Buch "A walk in the woods" bestellt hatte, ein Reisebericht zum "AT". Das Buch habe ich gebraucht für etwas über einem Euro bekommen, dazu kommen fünf Euro Versand, macht also rund sechs Euro für das Buch im top Zustand mit Hardcover. Das Paperback auf deutsch, "Picknick mit Bären", kostet 8,99 Euro. Ich höre schon wieder meine Frau "Sparbrötchen" rufen. :)
Mal wieder ein Buch im Original zu lesen, kann nicht schaden, ich habe ohnehin schon das Gefühl, langsam zu verblöden. Außerdem ist die Cousine meiner Frau immer ein dankbarer Abnehmer für englische Bücher, doppelt gespart.

Kaum saß Piet im Tragesitz, war er auch schon glücklich und ruhig. Auch ihm passt es überhaupt nicht zu Hause zu sein und die Decke anzustarren, kann man ja auch echt nachfühlen. Wir waren recht lange unterwegs, gegen 17:00 Uhr wollte Piet aber was essen und eine neue Windel. Also verabschiedeten wir uns und gingen hoch in unsere Wohnung. Die Flasche war kaum leer getrunken, da ging das Gebrüll wieder los. Gegen 18:00 Uhr befriedigte ich ihn mit einer Karotte und bespaßte ihn danach so gut es eben ging. Nach dem dritten Anlauf, ihn ins Bett zu bekommen, klappte es endlich.

19:00 Uhr, ich habe Feierabend. Zeit ein Buch zu lesen und auf den Anruf meiner Frau zu warten, die ist noch unterwegs und kommt erst Morgen wieder.


Der Kindertrödelmarkt


Heute war in Krefeld-Oppum ein großer Kindertrödelmarkt, also ein Trödelmarkt speziell für Kindersachen. Es ist aber auch einer, wo viele Kinder selber trödeln. Natürlich meistens in Begleitung ihrer Eltern. Andere Artikel sind ausdrücklich untersagt, dies schützt einen vor dem sonst üblichen KrimsKrams aus Omas Wohnungsauflösung.

Wir hatten den Fahrradanhänger statt des Kinderwagens mitgenommen, damit Piet auch etwas sehen kann. Außerdem war ja Regen angesagt, da schlägt sich der Hänger einfach besser als der Kinderwagen. Der Kinderanhänger, in diesem Fall ja eigentlich ein Buggy, passt wunderbar, ohne zusammengeklappt zu werden, in unseren Kofferraum. Die Räder, der Überrollbügel (Griff) und die Buggyräder müssen dafür demontiert werden, was allerdings extrem schnell und einfach geht.

Wir waren kaum auf dem Trödelmarkt angekommen, da wurden wir auch schon auf den Kinderanhänger angesprochen, dabei waren wir nicht einmal die Einzigen, die auf diese Idee gekommen sind. Es regnete tatsächlich zwischendurch immer mal wieder. Mir taten die Leute fürchterlich leid, so macht das Trödeln viel weniger Spaß.

Für Playmobil und Lego ist Piet natürlich noch viel zu klein, wir schauten daher gezielt nach Bauklötzen aus Holz, einem Bobbycar, einem Laufrad und eventuell einigen Anziehsachen. Anfangs sah es so aus, als würden wir mit leeren Händen wieder fahren müssen, aber dann konnten wir doch noch einige Teile ausfindig machen. Es wurden sehr viele Kleidungsstücke, Bücher, Puzzle und Spiele angeboten. Leider meist sehr unübersichtlich, besonders bei den Klamotten. Einige Kinder waren so pfiffig, nach Größen zu sortieren und zu beschriften. So wurden wir auch fündig. Mir macht in Klamottenbergen wühlen keinen Spaß, so was muss schnell gehen.

Wir kauften fünf Kilogramm Bauklötze für insgesamt sechs Euro, ein BMW-Bobbycar mit funktionierender Hupe für weitere fünf Euro und einen Satz Klamotten, also Latzhose, Shirt und eine "US-Marines"-Jacke, ebenfalls zusammen für einen Fünfer. Diese Preise fanden wir fair, wir haben nicht einmal gehandelt. Andere Stände wollten aber unglaublich viel Geld für die gebrauchten Teile haben. Wir sind schon sehr froh, hier im Ort den Second-Hand-Laden zu haben. Wir kannten daher die Preise, die dort üblich sind und konnten so gut vergleichen.

Eine Duplo-Eisenbahn fiel mir noch ins Auge, aber 60,00 Euro wollte ich heute dafür nicht ausgeben. Wir haben ja auch noch etwas Zeit, unser Sohn kann ja noch nicht einmal krabbeln. Aber wenn sich die Gelegenheit bietet, bei einem Familienausflug sinnvolle Schnäppchen zu machen, sollte man nicht zu lange überlegen. Kindersachen sind schon teuer genug und es ist wirklich toll, wenn man gebraucht gut erhaltende Sachen bekommen kann.

Dieses Tagebuch abonnieren:


Neuer Beitrag? Bitte schicken Sie mir eine Nachricht! Die Benachrichtigungen kann ich durch Anklicken des "beenden"-Links am Ende jeder eMail stoppen.
Meine eMail:

Kommentar zu diesem Beitrag schreiben:

Name, Ort:
Mein Kommentar:

Kommentare von Lesern:

 
Gerd, Norddeutschland:
09.08.2011 20:29
Das Dir bei diesem Wetter die Decke auf den Kopf fällt, ist übrigens normal. Geht allen Eltern mit Kindern so.

Mit Kleinkindern bekommt man nach meiner Erfahrung als Mann sowieso kaum Kontakte. Das fängt erst dann an, wenn man mit dem Kind auf den Spielplatz kann.
Gerd, Norddeutschland:
09.08.2011 20:24
Hallo Guido,

ich wusste schon, warum ich anonym schrieb. Man macht sich als Mann einfach nicht beliebt, wenn man so schreibt, wie man empfindet.
Wobei ich nicht sagen kann, warum Frauen anders (be)schreiben. Entweder empfinden sie tatsächlich anders oder sie empfinden genauso, verbergen es aber besser. Ein Mysterium

Der AT ist übrigens schon seit Jahren ein Traum von mir. Mit zwei Kindern ist aber die Realisierung um gut 15 Jahre verschoben worden.
Viel Spaß bei "Frühstück mit Bären" - ist ein klasse Buch, insbesondere die erste Hälfte.

Tagebuch Guido

Guido
Alter: 34
Wohnort: Neuss
Beruf: Vollzeitvater
Familienstand: verheiratet
Geburtstag Kind: 15.04.2011
Letzter Eintrag: 25.06.2012

Alle Väter-Tagebücher lesen   Alle Väter-Tagebücher
Tagebuch lesen  14. Woche
Wenn einem die Decke auf den Kopf fällt